Vor der Ruder-WM in München

Historisches und Aktuelles vor den Ruder-WM 2007 in München-Oberschleißheim:
Globale Sportart seit Jahrzehnten – der Rudersport …

Weltmeisterlich maritim wird es Ende August in Bayern.

Am 25.August findet die Eröffnungsfeier der Ruder-WM in München statt. Danach wird bis zum 2.September um Titel und Medaillen gerudert und auch Starterinnen und Starter aus M-V streben gute Resultate auf der traditionsreichen Ruder-Strecke von München-Oberschleißheim an, auf der schon 1972 um Olympia-Medaillen und 1981 um WM-Medaillen gekämpft wurde.
Zum dritten Mal nach 1983 in Duisburg und 1998 in Köln finden damit Ruder-WM in Deutschland statt.

Auch der Rudersport stammt, wie so viele andere Sportarten auch, aus der Antike, doch die heutige Form des Ruderns wurde erstmals 1715 ausprobiert, als der irische Komödiant Thomas Doggett sein berühmtes Wettrudern für Skullerboote einführte. 1768 gab es eine Vielzahl von Rennen im englischen Walton, die erste bekannte Regatta fand jedoch 1775 auf der Themse statt.Legendär sind die Ruder-Regatten, die bereits seit 1829 zwischen den Universitäten von Oxford und Cambridge auf der Themse ausgetragen werden. Die erste teilnehmende Frau an diesem Zweikampf war Susan Brown, die die siegreichen Boote aus Oxford in den Jahren 1981/82 steuerte.
Rudern, gerade in Schwerin und in Rostock eine Traditionssportart, ist seit 1896 olympische Sportart wobei die für die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen vorgesehenen Ruderwettbewerbe aus Witterungsgründen ausfallen mußten.

Erst bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris konnten somit die ersten Olympiasieger gekürt werden.

Das erste olympische Rennen im Einer – der erste Einer-Olympiasieger war 1900 der Franzose Henri Barrelet, die erste Olympiasiegerin im Einer hingegen 1976 die Ostdeutsche Christine Scheiblich – ging übrigens über eine Distanz von 1750 Metern. Die Distanzen betrugen 1904 3219m, 1908 2414m und 1948 1883 m. Heute werden Wettkämpfe über eine Distanz von 2000m gefahren. Zur Zeit werden 14 Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen durchgeführt.

Der internationale Ruder-Verband wurde vor 115 Jahren – am 25.Juni 1892 in Turin – von den nationalen Verbänden Frankreichs, der Schweiz, Belgiens, Adriaticas (Teil von Italien) und Italien gegründet. Der deutsche Ruder-Verband hatte sich hingegen bereits 1883 konstituiert, nachdem die ersten offiziellen Ruder-Regatten in Deutschland schon 1844 ausgetragen wurden.

Obwohl der Rudersport zu den traditionsreichsten Sportarten der Welt gehört – mittlerweile gibt es 126 Mitgliedsverbände – fand erst 1962 auf dem Rotsee in Luzern die erste Ruder-Weltmeisterschaft statt.

Ostdeutsches Rudern – eine Erfolgsgeschichte

In der früheren DDR war der Köpenicker Skuller Achim Hill der erste Ruderer von Weltformat. 1960 und 1964 gewann er jeweils die olympische Silbermedaille im Einer.
Die Erfolgsstory des DDR-Rudersportes begann dann in den 1960er Jahren als Theo Körner Cheftrainer wurde. Den ersten EM-Titel für die DDR gab es vor 50 Jahren, 1957 im Vierer mit Steuermann. Bis 1975 (1893 gab es die erste Ruder-EM !), bis zur Abschaffung der Ruder-EM, holten DDR-Ruderinnen und -Ruderer 40 EM-Titel.
Die Weltmeisterschafts-Ausbeute des DDR-Ruder-Verbandes bis 1990 war hingegen noch imposanter. Insgesamt gab es 75 WM-Titel !
Nicole Zimmermann (2.v.r.) war bereits 2003 Achter-Weltmeisterin. Nun, 2007 in München, soll es eine Wiederholung gebenBei Olympischen Spielen erruderten die DDR-Boote 33 x Gold, 9 x Silber und 8 x Bronze.

Auch Ruderinnen und Ruderer aus Mecklenburg-Vorpommern schrieben dabei Ruder-Geschichte. So gewann der gebürtige Rostocker Siegfried Brietzke als fünfter Ruderer der Welt dreimal olympisches Gold: 1972 im Zweier ohne, 1976 und 1980 im Vierer ohne. Nur durch Zufall kam der Rostocker zum Rudern. Heinz Quermann rief in seiner Weihnachtssendung „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ 1967 großgewachsene, junge Männer auf, sich bei der Sektion Rudern des SC DHfK Leipzig zu melden, die dringend „Ruder-Nachwuchs“ benötigte. Siegfried Brietzke folgte dem Ruf und wurde bereits 1970 Junioren-Europameister im Zweier ohne.

Katrin Rutschow-Stomporowski, im Jahr 1975 in Waren/Müritz geboren, war eine ebenfällst äußerst erfolgreiche Ruderin. Sie konnte 1992 und 1993 Junioren-Weltmeisterin werden und holte WM-Gold im Doppelvierer 1994/95 sowie im Einer 2001. Außerdem konnte sie olympisches Gold 1996 im Doppelvierer und 2004 im Einer gewinnen.

„Greifswalder Wahl-Schweriner“ Joachim Dreifke mit großartiger Medaillen-Bilanz

Der 1952 in Greifswald geborene und auch einige Zeit in Schwerin rudersportlich tätige Joachim Dreifke gelangte bei der BSG Einheit Greifswald zum Rudersport. Im Jahr 1972 wurde er zum ASK Vorwärts Rostock delegiert. Schon 1973 war Dreifke DDR-Meister im Doppelvierer. Seine größten Erfolge feierte er bei Olympia (1. 1980) und bei den WM der 1970er und 1980er Jahre: Der Greifswalder erkämpfte 1974 den Titel im Doppelvierer, 1977 im Einer, 1978 bzw. 1979 erneut im Doppelvierer und 1981 im Doppelzweier. In dieser Disziplin schaffte Dreifke noch 1982 die Vize-Weltmeisterschaft !

Starke Mecklenburger und Vorpommern im Rudern

Athletinnen und Athleten, die zur Zeit ihres Olympia-Medaillengewinnes auch Mitglied eines Ruder-Vereines im heutigen M-V waren, sind die Gold-Ruderer im Achter von 1976 Karl-Heinz Danilowski, Ulrich Karnatz, Werner Klatt, Hans-Joachim Lück sowie Karl-Heinz Prudöhl. In Montreal erkämpfte zudem der Greifswalder Joachim Dreifke Bronze im Einer. Bei den Olympischen Spielen`76 waren übrigens die Damen-Wettbewerbe zum ersten Mal olympisch …
Bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau waren erneut die Achter-Ruderer erfolgreich: Erneut Ulrich Karnatz und Ulrich Kons aus Mecklenburg gewannen Gold. Gold errangen ebenfalls Joachim Dreifke und Klaus Kröppelin im Doppelzweier.
Die olympische Erfolgstradition im Achter setzte der Mecklenburger Weltmeister Hans Sennewald 1992 mit Bronze in Barcelona fort. Sennewald hatte bereits bei den WM 1982 im Vierer mit (u.a. zusammen mit Ulrich Kons) Gold erkämpft und im Achter bei WM zweimal Silber (1987/89) und einmal Bronze (1990) geholt.
Medaillen-Erfolge bei Olympia für Mecklenburger und Vorpommern, die allerdings zu Vereinen außerhalb M-V`s wechselten, gab es – um nur drei Beispiele zu nennen – 1972 im Vierer mit Steuermann für den Rostocker Reinhard Gust bzw. den Bützower Eckhard Martens (beide 1972 beim SC Dynamo Berlin trainierend), 1988/1992 für die gebürtige Wismaranerin Kathrin Haacker (Mitglied des SC Dynamo Berlin), die Achter-Gold`88 und Achter-Bronze`92 erhielt, und den gebürtigen Ueckermünder Peter Thiede, nun für den RC Hansa Dortmund startend, mit Silber bei Olympia 1996. Außerdem wurde Thiede als Achter-Steuermann nach 1990 u.a. dreifacher Weltmeister. Eine olympische Bronzemedaille im Doppelvierer erkämpften 1988 ebenfalls Steffen Zühlke (Schwerin) und Steffen Bogs (Rostock/Schwerin).

Doch auch weitere Ruderinnen und Ruderer mit Geburtsort in M-V waren bei Olympia sehr „medaillenträchtig“: Jana Sorgers aus Neubrandenburg gewann im Doppelvierer/Doppelzweier insgesamt 9 WM-Titel und 2 Olympiasiege 1988/96 (Doppelvierer), Cornelia Linse aus Greifswald holte im Doppelzweier Olympia-Silber 1980 bzw. WM-Gold im Einer 1985, Anke Borchmann aus Neukalen holte 2 WM-Titel 1975/77 und Olympia-Gold 1976, Monika Kallies aus Stralsund war im Achter bei der WM`75 und Olympia`76 mit dem Achter erfolgreich, Silvia Rose aus Barth erruderte im Vierer mit Olympia-Gold 1988, Olympia-Silber 1980 gab es für Heidi Westphal aus Gnoien (mit Cornelia Linse), Michael Wolfgramm (Schwerin) war Gold-Ruderer im olympischen Doppelvierer 1976, nachdem sein „Stadtkollege“ Manfred Schneider Olympia-Bronze 1972 im Achter errang.

Unvergessen in M-V sind auch die WM-Erfolge in den 1970er Jahren einer Sabine Brincker oder einer Petra Boesler-Wach, die 1976 Olympia-Zweite bzw. Weltmeisterin 1975/77 wurde und heute erfolgreich eine physiotherapeutische Praxis in Schwerin betreibt.

Bei den WM 1970 errangen Reinhard Gust und Eckhard Martens (Schwerin) WM-Gold im Achter. Sabine Brincker  (Schwerin) schaffte das 1974 ebenfalls im Achter und 1975 im Vierer mit. Dreifache Weltmeisterin wurde Sybille Schmidt aus der Landeshauptstadt M-V`s im Doppelvierer von 1989 bis 1991. Als Krönung gab es zusätzlich den Olympiasieg 1992. 1992 gewannen die Schweriner Anett Hohn (Vierer ohne/Bronze) und Thoralf Peters (Vierer mit/Silber) ebenfalls olympische Medaillen. Anett Hohn erruderte von 1989 bis 1991 dreimal WM-Silber im Achter und „Landsfrau“ Birka Fengler war auch Vize-Weltmeisterin 1981 im Doppelvierer. Schweriner Ruder-Gold gab es dann noch 1994 durch Doreen Schnell im Achter.

Hans-Jürgen Wüsthoff, der Schweriner „Ruder-Nestor“ war 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles sogar Kampfrichter !

Schweriner Ruder-Wurzeln

Der Schweriner Rudersport konstituierte sich Ende des 19.Jahrhunderts in Vereinen. Der Zahnarzt Wilhelm Wiegels war dabei der „Gründungspionier“ als er 1871 den Ruderclub „Paragraph 11“ ins sportliche Leben rief. Dieser Verein nannte ab 1875 „Ruderclub Obotrit“. Ein weiterer Ruder-Verein jener Zeit war der „Ruderverein Schwerin“, welcher 1874 gegründet wurde.

Ein Jahr später, 1875, kam es zu einer erneuten Vereinsgründung, es entstand der „Ruderverein Vorwärts“. Diese beiden Vereine fusionierten am 01.01.1921 zur „Schweriner Rudergesellschaft von 1874/75 e.V.“, dessen Tradition auch heute noch in Schwerin weitergeführt wird.

Ausblick – WM 2007

Doch was erwarten die heutigen Erfolgs-Ruderinnen und Erfolgs-Ruderer aus M-V von den WM 2007. „Ich hoffe, dass wir gute Gastgeber sind und, dass wir die Leute, die bisher noch nicht so viel von unserem Sport erfahren haben, fürs Rudern begeistern können !“, hofft die Rostocker Weltmeisterin und Olympia-Teilnehmerin, Nicole Zimmermann aus Rostock, im Hinblick auf die Heim-WM 2007 !
Bei Olympia 2004 führte Rumänien mit 3 Olympiasiegen, vor Deutschland (2) und Großbritannien sowie den USA (u.a. ein Sieg plus gute Platzierungen) den Medaillenspiegel an.
Bei den Ruder-WM-Finals am 1. und 2.September geht es sicherlich spannend zur „Sache“ – hoffentlich mit starken M-V-Ruderern !

Die Eröffnungsfeier in fünf Tagen soll zu einem großen Spektakel mit einer Mischung aus bayrischer Tradition, modernem Design und offizieller Aktionen werden.

Unter dem Motto „Wir begrüßen die Ruderinnen und Ruderer aus der ganzen Welt mit bayrischer Herzlichkeit“ werden die Schleißheimer Schlosspfeifer, bayrische Musiker, Gebirgsschützen und Trachtler die Sportler bei ihrem Einzug empfangen.

Jede der Nationen wird angeführt durch ein Model in selbstdesignter Kleidung passend zum Gastland, die Flaggen der rund 70 teilnehmenden Länder werden eingeflogen, Ansprachen, die offizielle Eröffnung durch FISA-Präsident Denis Oswald und die obligatorischen Hymnen der FISA und des Gastgeberlandes werden begleitet von einem Bootskorso. Anwesend werden auch die ca. 1200 startenden Ruderinnen und Ruderer sein.

Zur Ruder-WM 2007 gab es auch eine Wanderausstellung „Rudern – eine Sportart und ihre Werte“, die Mitte Juli auch in Rostock Station machte.

Frauen-Achter mit Rostockerin Nicole Zimmermann ein Gold-Garant ?

Zwei gebürtige Schweriner dabei …

Die Mannschaft des Damen-Achters mit der Rostockerin Nicole Zimmermann bläst als Weltcup-Gesamtsieger auf der Olympia-Regattastrecke von 1972 zum Angriff auf Weltmeister USA. „Wir wollen Weltmeister werden.“, sagt Nicole Zimmermann, die wie Schlagfrau Elke Hipler und Steuerfrau Annina Ruppel bereits 2003 im deutschen Weltmeister-Achter saß.

Als weitere Medaillenanwärter werden die Niederlande, Sieger beim Weltcup in Amsterdam, und Olympiasieger Rumänien erwartet. Für die Olympischen Spiele 2008 in Peking qualifizieren sich in München die ersten fünf Großboote.

Bundestrainer Ralf Holtmeyer setzt wie bei der WM 2006 in Eton auf einen Doppelstart: Elke Hipler und Nicole Zimmermann werden zusätzlich im Zweier ohne Steuerfrau antreten.

„Wir wollen mit beiden Booten, Achter und Zweier, die Olympia-Qualifikation schaffen. Ich habe mich für die Beiden entschieden, weil sie den schnellsten Zweier bilden.“, äußert sich dazu Holtmeyer. Die Bronze-Medaillengewinner des Vorjahres müssen für die Olympia-Qualifikation mindestens Achter werden.

Auch Schwerins Ruder-Nestor Hans-Jürgen Wüsthoff blickt erwartungsvoll auf die Ruder-WM: „Bis auf den Achter und den Einer sind die Entscheidungen völlig offen, obwohl die Heim-WM zusätzliche Kräfte für die deutschen Ruderinnen und Ruderer mobilisieren werden. Aus Schwerin sind ja auch Zwei dabei, wenn sie auch das Ruder-ABC woanders erlernten. Im Doppelvierer ist Robert Sens am Start. Philipp Naruhn rudert hingegen im Vierer mit. Ansonsten erwarte ich auch einiges von der Rostockerinnen Nicole Zimmermann und Marie-Louise Draeger sowie vom Rostocker Mathias Flach.“

M-V-Starter bei den Ruder-WM 2007

  • Doppelzweier: Rene Burmeister (Rostock)
  • Achter: Nicole Zimmermann (auch Zweier ohne), Marlene Sinnig (Rostock)
  • Doppelzweier (Leichtgewicht/F): Marie-Louise Dräger
  • Vierer mit: Matthias Flach (Rostock)
  • Doppelzweier (Leichtgewicht/M): Jörg Lehnigk (Greifswald)
  • Doppelvierer: Robert Sens (Schwerin)
  • Vierer mit: Philipp Naruhn (Schwerin)
  • Achter: Peter Thiede (Ueckermünde)
  • Handicap-Vierer: Marcus Klemp (Ribnitz)

Marko Michels

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