Waldglas-Glaskunst Ausstellung ab 25. Juni im Schleswig-Holstein-Haus

Mecklenburg gehört zu den bedeutendsten deutschen Glashüttenzentren der Vergangenheit. Immerhin 275 unterschiedliche Glashüttenstandorte lassen sich über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren auf dem Territorium des heutigen Mecklenburg-Vorpommern nachweisen. Längst zählen auch unverzierte Gebrauchsgläser nicht nur in Museen zu geschätzten Sammlerstücken.

Waldglas-GlaskunstausstellungDie Ausstellung im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin, die vom 25. Juni bis zum 29. August 2010 präsentiert wird, gibt einen Einblick in bedeutende Waldglassammlungen des Landes. Hierzu zählt zunächst die Sammlung des Mecklenburgischen Volkskundemuseums, die durch den ehemaligen Direktor Dr. Ralf Wendt im Zusammenhang mit seiner Dissertation über die Waldglashütten Mecklenburgs zusammengetragen wurde. Wendt übernahm einen überschaubaren Bestand aus der Sammlung Wossidlos und konnte diesen im Laufe seiner Sammlungstätigkeit nahezu verhundertfachen. Die Gelegenheit zu Sammeln war in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts günstig. Gebrauchsgläser waren für die Forschung oder für Privatsammler noch nicht interessant. Zahlreiche Gläser konnten daher im Dachschutt älterer Gebäude geborgen werden. Eine weitere große Waldglassammlung, die von Hans Hentschel zusammengetragen wurde, befindet sich im Natur-Museum Goldberg. Hentschel mobilisierte in seiner Funktion als Museumsdirektor ganz Goldberg und Umgebung zum Sammeln von alten Gläsern. Seine größten Erfolge erzielte Hentschel bei den damals üblichen Sekundärrohstoffsammlungen, die von den Jungpionieren zur Aufbesserung der Klassenkasse durchgeführt wurden. Viele historisch wertvolle Gläser konnten so vor der Zerstörung bewahrt werden. Weiterhin werden historische Gebrauchsgläser aus den Sammlungen der Museen Hagenows und Parchims sowie von Privatsammlern gezeigt.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Formensprache sowie die Gebrauchsweise der Gläser des 17. bis 20. Jahrhunderts. Gleichzeitig soll den Fragen nachgegangen werden:
Wie typisch ist Mecklenburgisches Waldglas? – und Was ist aus dem alten Handwerk geworden?
Obwohl in den vergangenen Jahrhunderten tausende Waldgläser und Flaschen in Mecklenburg produziert wurden, gehören diese heute zu ausgesprochenen Raritäten und begehrten Sammlungsobjekten. Das Waldglasmuseum in Langen Brütz widmet sich speziell diesem Themenkreis. Die Vereinsmitglieder dieses ehrenamtlich geführten Museums  haben wesentlich zum Gelingen der Ausstellung beigetragen. Eine schöne Bereicherung des Ausstellungsvorhabens sind eigens zum 850. Stadtjubiläum mundgeblasene Gläser. Als historische Vorlage für diese Idee dienten Konservengläser aus Waldglas, die aus dem 19. Jahrhundert stammen. Verziert sind die Gläser mit einem Siegel, welches den Schweriner Reiter und die Jahreszahlen 1160 – 2010 trägt.

Außerdem werden unter dem Motto  „Die Natur hat´s erfunden.“ Schweriner Sammler natürliche Gläser vorstellen, die sie von den unterschiedlichsten Orten dieser Welt zusammengetragen haben. Entstanden sind derartige Objekte z.B. durch ungeheure Hitzeeinwirkung beim Aufprall von Meteoriten auf der Erdoberfläche. Aber auch der Vulkanismus oder das Einschlagen von Blitzen lassen die sonderbarsten Gebilde aus Glas ohne menschliches Zutun entstehen.

Heute, etwa einhundert Jahre nach dem Ende der letzten Glashütte in Mecklenburg, befassen sich vorrangig Künstler mit der Herstellung hochwertiger Glasobjekte. Ihnen ist der zweite Teil der Glasausstellung im Schleswig-Holstein-Haus gewidmet.

“Organisches Design“ nennt Drobar seine intime Arbeit mit Glas, dessen Schmelze Anlass zur Empfindung von Formen und deren Entwicklung gibt. Der Glaskünstler arbeitet mit Vorliebe an Strukturen, die an Naturformen erinnern. Er spürt dem Glas so lange nach, bis es lebendig wirkt. Die Schönheit der Natur ist in ihren vielfältigen Erscheinungsformen im Großen wie im Kleinen das vollkommene Ideal. Diese Schönheit – in der Wahrnehmung fragil und anmutig – ins Glas zu bringen, ist Ziel des Künstlers.
Am Ende wird der Kreis vom Waldglas zur modernen Glasgestaltung wieder geschlossen und zu funktionalen Objekten zurückgekehrt.
Da sind auf der einen Seite Regina und Norbert Kaufmann aus Glashagen mit Schalen, Flaschen, Vasen und Trinkgläsern – einfachen Gefäßen, die in ihrer Klarheit und Strenge an skandinavische, aber eben auch an norddeutsche Traditionen erinnern. An der Glasmacherpfeife wird die erdachte und gezeichnete Form lebendig. Die Kooperation zwischen Gestalter und Glasmacher ist hier grundlegend für das Gelingen.

Susanne und Ulrich Precht kommen aus Lauscha. Ihre Studioglasobjekte sind mit zarten Grafiken versehen. Bei anderen Arbeiten werden unterschiedliche Materialien, wie zum Beispiel Blattsilber, in hohlgeblasene Objekte eingeschmolzen bzw. aufgedampft. Das geschieht oft in mehreren Schichten. Auf diese Weise entsteht das Dekor in der Tiefe des Materials und schafft zusätzliche räumliche Effekte.

Thomas Kuzio und Andreas Wolff befassen sich vorrangig mit Glas am Bau in der  modernen Architektur aber auch an historisch interessanten Gebäuden. Es entstehen auf unterschiedliche Weise Fenster- und Wandgestaltungen. Kuzio  bemalt oder besprüht sandgestrahltes Glas und brennt die Farbe anschließend ein. Wolff verändert die Oberfläche farbiger Gläser durch thermische Verformung oder bearbeitet die unterschiedlichen Gläser ebenfalls mit einem Sandstrahl.

Foto: Craren Techel wagt Durchblicke, durch ein altes Waldglasfenster. (Volker Janke)

Volker Janke
volkskundemuseum.schwerin@web.de

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