Weltmeisterliche (Rad-)Herausforderungen in Minsk

Auch Athleten vom „Track Cycling Team M-V“ am Start

Kaum ist das neue Jahr eingeläutet, geht das sportliche Tun auf höchster Ebene wieder los. Es wird auf Skiern gelaufen, gesprungen oder Slalom gefahren, es wird gerodelt und Bob gefahren, Eiskunstlauf präsentiert, Dart gespielt, Handball zelebriert, oder auch geradelt.

Bahnradsport-WM 2013 in Minsk im Blick

In diesem Jahr finden die Weltmeisterschaften im Bahnradsport ziemlich früh statt. Vom 20. bis 24. Februar ist die weißrussische Hauptstadt Minsk Austragungsort der bereits 103. Titelkämpfe. Nachdem 1893 Chicago die WM-Premiere erlebte, fand die vorerst letzte WM 2012 in Melbourne statt.

Und in der australischen Metropole dominierten die „Großen Drei“ des Bahnradsports: Deutschland, Großbritannien und Australien. Ganz besonders konnte „Down Under“ in den 19 ausgetragenen Konkurrenzen überzeugen. Die australischen Athletinnen und Athleten gewannen das Medaillen-Ranking mit 6 x Gold, 6 x Silber und 3 x Bronze. Die späteren Gastgeber der Spiele von London präsentierten sich ebenfalls stark. So gab es 6 x Gold, 4 x Silber und 3 x Bronze für die Britinnen und Briten.

Das Team des Bundes Deutscher Radfahrer landete auf Rang drei – insbesondere dank der Erfolge von Miriam Welte (Kaiserslautern) und Stefan Nimke (Schwerin) vom „Track Cycling Team M-V“. So gewannen Miriam Welte/Kristina Vogel im Teamsprint und Stefan Nimke im 1000 Meter-Zeitfahren. Zudem erkämpfte Miriam Welte im 500 Meter-Zeitfahren noch Silber hinter Anna Meares/Australien. Maximilian Levy errang Silber im Keirin hinter Chris Hoy/Großbritannien. Bronze eroberte Kristina Vogel ebenfalls im Keirin.

Historie der Bahnradsport-WM aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns

In der Geschichte der Bahnradsport-Weltmeisterschaften konnten vor allem fünf Radsportlerinnen und Radsportler „mit M-V-Background“ große Erfolge feiern. So der gebürtige Herzberger Steffen Blochwitz, der gebürtige Hagenower und Wahl-Schweriner Stefan Nimke, die gebürtige Wismarerin Katrin Meinke, der gebürtige Rostocker Günther Schumacher und die für das „Track Cycling Team M-V“ startende Kaiserslauterin Miriam Welte.

Günther Schumacher gewann dreimal WM-Gold 1973, 1974 und 1975, dazu zweimal Olympia-Gold 1972 und 1976 mit dem bundesdeutschen Bahn-Vierer. Mit dem DDR-Bahnvierer holte hingegen Steffen Blochwitz seine größten Erfolge: 1986 und 1987 Vize-Weltmeister, 1988 Olympia-Zweiter und 1989 Weltmeister. Katrin Meinke war insbesondere zwischen 1997 und 2004 sehr erfolgreich. Sie wurde beispielsweise Junioren-Weltmeisterin 1997 im Sprint, WM-Dritte 2001 im Zeitfahren, WM-Dritte 2002 im Sprint und nahm außerdem an den Olympischen Spielen 2004 in Athen teil.

Überragend sind jedoch die Erfolge von Stefan Nimke, der „Medaillen-Abräumer“ bei nationalen und internationalen Meisterschaften seit 17 Jahren. Seine größten Erfolge waren dabei der Teamsprint-Olympiasieg 2004 oder die sechs Weltmeistertitel (Zeitfahren: 2003, 2009, 2011, 2012 und Teamsprint 2010, 2011). Miriam Welte wiederum war 2012 optimal in der Spur, mit WM- und Olympia-Gold an der Seite von Kristina Vogel im Teamsprint.

Einen gebürtigen Bad Doberaner Bahnradsportler zog es dagegen in der Vergangenheit weit hinaus: Hans Wolf wanderte in die Vereinigten Staaten aus und startete mit dem USA-Bahnvierer 1964 in Tokyo bei den olympischen Wettkämpfen.

MV-Hoffnung 2013: Tobias Wächter

Auch anno 2013 ist das Norddeutsche Bundesland bei den Weltmeisterschaften dabei. Neben Miriam Welte ist Tobias Wächter, der gebürtige Düsseldorfer, Wahl-Schweriner und Mitglied des „Track Cycling Teams M-V“, in Minsk im Keirin am Start, nachdem er 2012 bereits EM-Champion im Keirin und im Teamsprint wurde.

Und auch im Keirin gibt es eine deutsche Erfolgstradition, seit dieser Wettbewerb 1980 ins WM-Programm aufgenommen wurde. Das erste WM-Edelmetall für Deutschland (BRD) erkämpfte sich dann 1985 Dieter Giebken mit Bronze. Sechsmal gab es danach WM-Gold im Keirin für deutsche Radsport-Asse – 1990, 1991 und 1992 für Michael Hübner, 1998 und 1999 für Jens Fiedler und 2009 für Maximilian Levy. Vielleicht gelingt es Tobias ja in Minsk, daran anzuknüpfen.

Im Gespräch mit Medaillen-Anwärterin Miriam Welte

Für Miriam Welte, Jahrgang 1986, für den RSC Kaiserslautern und das „Track Cycling Team MV“ startend, war das Jahr 2012 mit ihren WM- und Olympia-Erfolgen bereits ein sehr erfolgreiches. Fünf Monate nach London geht es nun nach Minsk. Nachgefragt …

„Mit London 2012 ging ein Kindheitstraum in Erfüllung …“

Frage: London liegt fünf Monate zurück. Wie lautet Ihr persönliches und sportliches Resümee zu deinen goldenen 2012er Spielen? Was waren für dich die beeindruckendsten Momente in London – nicht nur beim Frauen-Bahnradsport?

Miriam Welte: London war für mich ein unglaubliches Erlebnis. Unabhängig davon, dass ich Gold im Teamsprint gewonnen habe. Für mich ist in London ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Allein die Teilnahme war großartig. Das Rennen selbst, der 2. August 2012, ist nach wie vor sehr präsent. Es war ein unglaublich toller Tag, der letztendlich die letzten Monate sehr verändert hat.

Außerdem hatte ich in London die Möglichkeit, viele andere Wettkämpfe anschauen zu dürfen. Auch das war großartig. Die Begeisterung der Briten, aber auch der Zuschauer, die aus der ganzen Welt angereist waren, um die Olympischen Spiele zu erleben, war auf jeder Wettkampfstätte unglaublich. Alle haben mitgefiebert und mitgefeiert. Es waren die drei schönsten Wochen, die ich im Sportalltag bisher erleben durfte

Frage: Sehr stark waren auch die Britinnen im Bahnradsport, die von ihren Landsleuten frenetisch angefeuert und umjubelt wurden. Wie beurteilst du den Stellenwert des Frauen-Bahnradsport in Großbritannien im Vergleich zu Deutschland?

Miriam Welte: In Großbritannien hat der Radsport allgemein einen ganz anderen Stellenwert als bei uns in Deutschland. Die Athleten haben erzählt, dass vor den Olympischen Spielen zum Training teilweise 1.500 Menschen nach Newport auf die Radrennbahn kamen, um sich anzuschauen, wie sich die britischen Bahnradsportler auf die Olympischen Spiele vorbereiteten.

Das ist unglaublich, diese Euphorie kenne ich im deutschen Sport nur im Fußball. Es hat Spaß gemacht, in London in einer ausverkauften Halle Radrennen zu fahren. Das Publikum hat im Finale, als wir gegen China gefahren sind, auch gut Stimmung gemacht. Ich habe mir natürlich eingebildet, die jubeln alle nur für Kristina und mich …

Frage: Wie geht es nun für dich sportlich und beruflich weiter?

Miriam Welte: Ich habe letzte Woche mein Studium zur Polizeikommissarin bei der Landespolizei Rheinland-Pfalz beendet. Daher hatte ich nicht allzu viel Zeit zum Trainieren. Dennoch versuche ich nächste Woche in Mexiko, mir noch beim letzten Weltcup im Sprint und/oder Keirin Startplätze für die Weltmeisterschaft einzufahren. Ich hoffe, dass es zumindest in einer der beiden Disziplinen klappt.

Als nächstes kommt dann die Diplom-Feier. Dort werde ich als Kommissarin ernannt und anschließend reise ich nach Weißrussland zur Weltmeisterschaft. Dort werde ich sicherlich mit Kristina Vogel im Teamsprint an den Start gehen. Immerhin haben wir im Teamsprint einen Titel zu verteidigen…

Die Fragen stellte Marko Michels

Hintergrund:

Die erfolgreichsten Länder bei Bahnradsport-WM

Am erfolgreichsten bei den Weltmeisterschaften im Bahnradsport waren zwischen 1893 und 2012 folgende Nationen: Deutschland (362 Medaillen, davon 114 x Gold), Frankreich (349 Medaillen, davon 127 x Gold), Italien (246 Medaillen, davon 75 x Gold), die Niederlande (236 Medaillen, davon 82 x Gold), Großbritannien (209 Medaillen, davon 88 x Gold), Russland/Sowjetunion (191 Medaillen, davon 73 x Gold), Australien (189 Medaillen, davon 64 x Gold) und Belgien (140 Medaillen, davon 47 x Gold).

Während Deutschland – nach der Anzahl der Medaillen – sowohl zum  besten europäischen als auch überhaupt zum erfolgreichsten Land avancierte, ist Australien mit 189 Medaillen das beste nicht europäische Land. Japan führt im asiatischen Vergleich mit 33 Medaillen, davon 12 x Gold, die USA im amerikanischen Vergleich mit 114 Medaillen, davon 38 x Gold, und Südafrika kann als bestes afrikanisches Land 4 Medaillen, davon einmal Gold, vorweisen.

Übrigens: Bisher wurden die Weltmeisterschaften 13 x in deutschen Städten organisiert, so in Köln (1895, 1927, 1954), in Berlin (1901, 1908, 1999), in Leipzig (1913, 1934, 1960), in Frankfurt/Main (1966), in München (1978) und in Stuttgart (1991, 2003).

Vor 10 Jahren, In Stuttgart 2003, gewann Stefan Nimke übrigens seinen ersten WM-Titel im Zeitfahren.

Marko Michels

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