Wenn die Pfunde zur Qual werden

Bewegung fällt von Tag zu Tag schwerer, Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Gelenkserkrankungen u. a. nehmen ihren Anfang und verschlimmern sich im rasanten Tempo.

Der Hausarzt rät dringend zur Gewichtsreduzierung. „Sie müssen sich mehr bewegen, die Ernährung umstellen …“ Das bekommen fast alle Betroffenen mitgeteilt und dann lässt man sie allein. Man spricht von Multimodalen Behandlungskonzepten (Bewegung, Ernährungsberatung, Verhaltenstherapie) mit ärztlicher Begleitung und Kontrolle. Nur wo? Diese Information bekommen sie in den seltensten Fällen. Selbst die Krankenkassen haben hier selten eine Antwort und schieben diese Verantwortung gern den Hilfesuchenden zu.

Diäten bringen meist nur kurzfristig Erfolge. Nach Beendigung dieser zeigt die Waage oft in kürzester Zeit 5 kg mehr als zu Beginn der Diät. Ernährungsberater stellen oft  fest, dass das theoretische Wissen vorhanden ist.

Wenn man dann Glück hat und nach monatelanger Suche und Wartezeit einen Termin beim Psychotherapeuten wahrnehmen kann, muss man allzu oft feststellen, dass dieser auf Adipositas nicht spezialisiert ist und auch nicht wirklich eine Behandlung für das Problem zu bieten hat.

Der Kreislauf geht für den Betroffenen weiter, ein Ausbrechen ist kaum möglich. Gedanken drehen sich 24 Stunden täglich um die Ernährung, hat man gegessen, kommt meist sofort „das schlechte Gewissen“. Bewegung ist leicht gesagt, vieles ist nicht mehr möglich. Die ganz normale alltägliche Bewegung ist schon eine große Herausforderung und oft gerade noch so zu bewältigen. Nicht selten leben die Betroffenen schon sehr isoliert, gehen nur noch vor die Tür, wenn es notwendig ist, weil sie oft die  Blicke und Bemerkungen aus der Umwelt nicht mehr ertragen, das Schamgefühl sehr groß ist. Oft entstehen so noch zusätzlich Depressionen.

Was nun tun?

Nicht wenige krankhaft Übergewichtige finden früher oder später den Weg in die Südstadt-Klinik Rostock in die Adipositas-Sprechstunde von Prof. Dr. med. K. Ludwig.

So auch die 53jährige Schwerinerin Sabine Hinz.

25 Jahre litt sie an krankhaftem Übergewicht; 2009 betrug ihr BMI 49.

Bluthochdruck und die Schmerzen durch eine übermäßige Abnutzung der Gelenke verschlimmerten sich zusehends. Gewichtsreduzierung mit WeightWatchers, „Treffpunkt Wunschgewicht“ und Abnehmen unter ärztlicher Kontrolle brachten nur geringe und kurzzeitige Erfolge. Mit Hilfe des Magenballons gelang es ihr 2001 innerhalb von 6 Monaten 15 kg abzunehmen. Vier Jahre später waren die Kilos, und noch ein paar zusätzliche, wieder da.

Auch das Berufsleben gestaltete sich immer schwieriger. Bewerbungen der gelernten Einzelhandelskauffrau endeten beim Vorstellungsgespräch stets mit einem Nein. Andererseits waren acht Stunden stehende Tätigkeit mit diesem Übergewicht auch fast unmöglich.

Die Arbeitsagentur übte zusätzlichen Druck aus. Man sagte ihr, dann wäre sie nicht vermittelbar und strich sie aus der Kartei.

Das nahm die Schwerinerin nicht so einfach hin. Sie meldete sich bei der Arbeitsagentur wieder an und erzählte von ihrem Vorhaben, der Magenbypass-OP  in der Südstadt-Klinik in Rostock.

Das war im Sommer 2009. Sie beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme der OP. Begründete diesen mit ihren gesundheitlichen Problemen und legte auch die Auswirkungen auf ihre berufliche Situation ganz offen dar.

Sabine H. musste nun eine weitere Hürde nehmen, die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst, die die Krankenkasse angeordnet hatte. Nicht selten scheitert die Kostenübernahme aufgrund der dort erstellten Gutachten.

Doch die Schwerinerin sollte Glück haben. Nach nur ca. 3 Monaten bekam sie die schriftliche Kostenübernahmeerklärung.

Am 15. September 2009 führte Prof. Dr. med. K. Ludwig im Südstadt-Klinikum Rostock die OP durch. Dieser Tag ist der Beginn eines neuen Lebensabschnitts für Sabine H. Seit dem hat sie ihr Gewicht bereits um 30 kg reduziert, ihr Wohlbefinden steigt mit jedem verlorenen Kilo und langsam findet sie zu einem gesunden Selbstbewusstsein zurück. Sie hat neuen Mut geschöpft und geht derzeit den Weg über Aushilfsjobs zurück ins Berufsleben.

Da u. a. aufgrund von Berufstätigkeit der Weg nach Rostock in die Adipositas-Selbsthilfegruppe nur selten möglich ist, möchte S. Hinz in Schwerin einen Treffpunkt für Betroffene schaffen, die Selbsthilfegruppe für krankhaftes Übergewicht (BMI ab ca.35).

Hier soll die Möglichkeit gegeben werden, sich auszutauschen, über seine Ängste und Sorgen zu sprechen und gegenseitig von Informationen und Erfahrungen zu profitieren. Auch gemeinsame sportliche Aktivitäten sollen organisiert werden.

Sie selbst möchte Betroffenen, die z. B. den operativen Weg für sich wählen mit ihren Erfahrungen zur Seite stehen. Denn wenn man den Weg in die Rostocker  Sprechstunde gegangen ist, beginnt nicht selten ein noch größerer nervenaufreibender Kampf – um die Kostenzusage der Krankenkasse. Auf diesem Weg sind oft große Hürden zu nehmen. Nicht selten müssen sich die Betroffenen mit Widersprüchen gegen die Absagen durch die Krankenkassen zur Wehr setzen.

Sabine H. hat in der Rostocker Gruppe (www.adipositasgruppe-rostock.kilu.de/news.php) erlebt, wie Selbsthilfe helfen kann und möchte das nun in Schwerin mit anderen engagierten Mitstreitern fortsetzen.

Das erste Treffen findet am 7. April 2010 um 18:00 Uhr in der Kiss Schwerin am Nordufer des Pfaffenteichs (ehemaliges Stadtbad) statt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Sie haben Interesse? – So können Sie mit uns in Kontakt treten:

Kiss Schwerin – Tel.: 0385/3924333

Sabine Hinz : sabine_hinz1@web.de

Simone Sommer: rs.sommer@web.de

Gudrun Schulze

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