„Wie werden die Leistungsempfänger von heute zu Leistungserbringern von morgen …“

Die Christdemokratin Dorin Müthel-Brenncke über die Hartz IV-Diskussion, die Folgen der Finanzkrise und Olympia 2010

Dorin Müthel BrennckeZurzeit wird heftig und emotional über die Zukunft der ehemaligen Wadan-Werften, Hartz IV und Olympia diskutiert – nicht immer sachlich, nicht immer konstruktiv und schon gar nicht lösungsorientiert.

Aber wie ist die Meinung zu diesen Themen bei einer Kommunalpolitikerin und Unternehmerin aus Schwerin

Nachgefragt bei Dorin Müthel-Brenncke, CDU-Kreisvorsitzende Schwerin und Geschäftsführerin der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU in Mecklenburg-Vorpommern

Frage: Frau Müthel-Brenncke, ein Blick zu den Wismarer Nachbarn: Die Lage für die Beschäftigten der ehemaligen Wadan-Werften und der Beschäftigten der maritimen Zulieferer wird immer prekärer.

Gerade die Werftarbeiterinnen und Werftarbeiter können – nach aktuellem Stand – nur noch bis Ende März 2010 in einer Auffanggesellschaft verbleiben. Das Land stellte hierfür vier Millionen Euro bereit. Das weitere Schicksal des Werftenverbundes in Rostock und Wismar – gerade vor dem Hintergrund fehlender Aufträge für den Schiffbau – erscheint düster.

Wie ist Ihre Meinung zu dieser Problematik ? Wie beurteilen Sie die Situation der Werftstandorte Wismar und Warnemünde ?

Dorin Müthel-Brenncke: Leider kann ich mich nicht im Detail und fundiert zu den Zukunftsaussichten der Werften äußern, da ich zu wenig über die Branche Bescheid weiß und auch nur aus der Presse darüber erfahre.

Die maritime Industrie - ein Markenzeichen M-V`s.Allgemein kommt es aus meiner Sicht aber schon einer Katastrophe gleich, sollte die „maritime Industrie“, zumindest die ehemaligen Wadan-Werften, in Mecklenburg-Vorpommern vor dem Aus stehen. Viele Arbeitsplätze gehen verloren, Menschen ziehen möglicherweise weg aus einem Land, das nicht nur eine hohen Arbeitslosenrate aufweist, sondern außerdem schon lange auch viele sehr gut qualifizierte Männer und Frauen verliert, die hier keine berufliche Zukunft für sich sehen.

Und dieses sind bzw. wären nur die unmittelbaren Folgen. Auf der anderen Seite ist uns allen bewußt, welche Auswirkungen die Finanz- und Wirtschaftskrise auch auf unser Bundesland hat, und dass wir davon nicht verschont bleiben. Hier sind in erster Linie natürlich die von Ihnen schon geschilderten Nachfrageausfälle zu beklagen, aber auch die Kreditklemme und damit die Finanzierungsschwierigkeiten für die Unternehmen. Das Land stellt viel Geld zur Verfügung, um die negativen  Folgen, so gut wie es geht, abzufedern. Verhindern kann das Land diese – aus meiner Sicht – letztendlich jedoch nicht.

Frage: Die Hartz IV-Diskussion nimmt bisweilen mehr als groteske Züge an. Da wurden arbeitswillige Menschen mit erheblichen gesundheitsbedingten Handicaps, darunter auch ehemalige DDR-Widerständler, deren Gesundheit durch politische Haftzeiten ruiniert wurde, allein erziehende Mütter, junge wie ältere fleißige Arbeitnehmer, die unverschuldet die Arbeit verloren haben, in einen Topf mit den wenigen wirklich Arbeitsunwilligen geworfen, wobei Letztgenannte medial als typische Hartz IV-Empfänger herhalten.

Welche Meinung vertreten Sie ? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Hartz IV-Problematik ?

Auch um die Zukunft der Kinder geht es in der Hartz IV-Diskussion.Dorin Müthel-Brenncke: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wirft meiner Meinung nach eine Frage auf, die ich schon sehr lange stelle, nämlich die nach Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung.

Es ist selbstverständlich, aber darum geht es auch gar nicht, dass wir gesamtgesellschaftliche Verantwortung für alle, die aus gutem Grund nicht ihren Beitrag zum Gemeinwesen leisten können, tragen. Wir sind auf einem guten Weg, wenn erstens schnellstmöglich die Diskussion angemessen geführt wird, und zweitens wir uns beantworten, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise wir unserer gemeinsamen Verantwortung gerecht werden.

Hier ist auch größtmögliche Flexibilität gefragt, denn Lebensumstände verändern sich und Lebensstandards von heute sind morgen schon einen Tag alt .. Aber am weitesten kommen wir mit der Antwort auf die Frage, wie die Leistungsempfänger von heute zu Leistungserbringern von morgen werden.

Andre Lange, der erfolgreichste Bobsportler aller Zeiten. Stets leistungsbereit und leistungsstark sowie erfolgreichFrage: Zurzeit finden die Olympischen Winterspiele statt. Die deutsche Olympioniken glänzten mit zahlreichen Medaillengewinnen, so durch die Biathletin Magdalena Neuner, die alpine Skifahrerin Maria Riesch, die Bobsportler, das Rodel-Team, Eisschnellläuferin Jenny Wolf oder das Eis-Paar Aljona Sawtschenko/Robin Szolkowy. Diese Sportler stehen auch für die erfolgreiche Anwendung des Mottos „Fodern und Fördern“. Welche Leistungen – auch über den deutschen Tellerrand hinaus – beeindruckten Sie bislang in Vancouver und in Whistler ?

Die Medaillengewinne der deutschen Athleten beweisen, dass olympische Erfolg nur erbracht werden kann, wenn vordem eine hinreichende Förderung des Talentes erfolgt. Das ließe sich doch auch auf andere gesellschaftliche Gebiete anwenden – oder ?

Dorin Müthel-Brenncke: Das ist richtig. Allerdings verpufft jede Förderung, wenn sie nicht auch auf die entsprechende Anstrengung trifft. Aber mal im Ernst. Erfolge sind, wie Sie schon sagen, nur mit hinreichender Förderung, also unter bestimmten Rahmenbedingungen zu erzielen. Darüber existieren aber keine zwei Die Schweriner Volleyballerinen - ein  sportlicher ErfolgsgarantMeinungen. Wenn wir über den Sport hinaus gehen und ein anderes gesellschaftliches Thema aufgreifen, sind wir in diesem Zusammenhang schnell bei der Bildung.

Hier, denke ich, hat sich Mecklenburg-Vorpommern mit dem Konzept der selbständigen Schule hervorragend aufgestellt. Wo die individuellen Fähigkeiten des Einzelnen erkannt und damit gezielt gefördert werden können, dort entsteht das Klima, in dem Leistungen und damit Erfolge wachsen.

Im Übrigen beeindrucken mich Leistungen, insbesondere sportliche, immer, auch wenn sie auf dem Teller des Nachbarn liegen. Ich selbst habe in meiner Schulzeit sehr viel Sport getrieben und deshalb eine gute Vorstellung, wie viel Zeit, Disziplin, Anstrengung und Entbehrung nötig ist, um einmal Olympiasiegerin oder Olympiasieger zu werden.

Vielen Dank und ein erfolgreiches „Händchen“ und eine „flotte Sohle“ als Politikerin, Unternehmerin und Freizeit-Sportlerin !

M.Michels

Fotos 2,3+5: Michels

Foto 4: Schlitten- und Bobverband für Deutschland

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