Es ist eine Einrichtung, an deren Existenzberechtigung kein Zweifel besteht: Vor genau zehn Jahren eröffnete in Schwerin die Frauenschutzwohnung.
Seit Januar 2006 befindet sie sich in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Aus Anlass des Jubiläums fand am Mittwoch im „FIZ“ (Frauen im Zentrum) – ebenfalls in AWO-Trägerschaft – ein Tag der offenen Tür statt. Im Beisein von Oberbürgermeister Norbert Claussen und der Gleichstellungsbeauftragten Schwerins, Petra Willert wurde auf die wichtige Arbeit der letzten Jahre zurückgeblickt.
Die Zahlen sind gleichermaßen beeindruckend wie beängstigend. 397 Frauen mit 366 Kindern wurden in den vergangenen Jahren in der Frauenschutzwohnung, die seit kurzem Frauenhaus „Frauen in Not“ heißt, aufgenommen. Hinzu kamen 1.332 Beratungsgespräche. „Hinter diesen nackten Zahlen verbergen sich schlimme Einzelschicksale“, weiß FIZ-Mitarbeiterin Rita Priedigkeit. „Gewalt gegenüber Frauen und Kindern in der Familie ist und bleibt leider ein Tabuthema in unserer Gesellschaft.“
Oft hat dies auch mit der Angst der Betroffenen zu tun, den entscheidenden Schritt zu tun. Vielen fällt es schwer, ihren Partner zu verlassen – obwohl sie geschlagen und vergewaltigt worden sind. „Man darf nicht unterschätzen, was für eine psychische Macht und Abhängigkeit in einer Beziehung entstehen kann“, erklärt Priedigkeit. „Wenn der Mann droht, den Kindern etwas anzutun, wenn er vielleicht als einziger die Familie ernährt und die Frau fürchten muss, vor dem Nichts zu stehen, dann nimmt sie unter Umständen mehr in Kauf, als sie ertragen kann.“
Oberbürgermeister Norbert Claussen weiß um die Bedeutung von Einrichtungen wie dem Frauenhaus, der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und dem FIZ. „Dass so viele Frauen – mit und ohne Kindern – hier Schutz suchen, macht betroffen“, sagt Claussen. „So traurig es klingt, aber Gewalt in Familien wird leider immer ein Thema sein. Trotz der hier geleisteten präventiven Arbeit können wir auf das Frauenhaus und die Interventionsstelle nicht verzichten.“
Für viele Frauen ist es ein sehr schwerer Schritt, sich in ein Frauenhaus zu begeben. Hat es doch oftmals auch mit dem Gefühl eines Scheiterns zu tun. Selbstvorwürfe und Ängsten entgegenzuarbeiten, so Priedigkeit sei deshalb auch ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. „Alle unsere Mitarbeiter sind speziell geschult, sowohl pädagogisch als auch psychologisch“, sagt sie. „Dass ist in den individuellen und vertraulichen Gesprächen unbedingt erforderlich.“ Darüber hinaus werden die Hilfe suchenden Frauen in familiären und sozialrechtlichen Angelegenheiten unterstützt, bei Ämtergängen begleitet und auch bei der Beschaffung von eigenem Wohnraum nicht allein gelassen. Denn eines ist klar: „Der Aufenthalt im Frauenhaus ist anonym und sicher“, erklärt Priedigkeit, „aber er ist nicht auf Dauer ausgelegt. Ziel ist es immer, die Frauen wieder in ein selbstbestimmtes Leben zurückzuführen.“
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