Zum Jahresfinale: Nachgefragt bei der Industrie und Handelskammer

IHK-Geschäftsbereichsleiterin Dr. Dorothee Crayen im Interview


Das Jahr 2013 ist auf den letzten Metern. Leben bzw. Alltag verlieren allmählich an Tempo. Weihnachten, Silvester und Neujahr „rufen“ und endlich bleibt für die meisten etwas Zeit für die Familie und die Dinge, denen man sich ansonsten kaum widmen kann…
Und das, obwohl die Arbeitsmarktzahlen vom November 2013 in Mecklenburg-Vorpommern nicht gerade erfreulich sind: <mehr als 11 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung ist nach der offiziellen Statistik ohne Arbeit, dazu kommen noch Beschäftigte auf dem zweiten Arbeitsmarkt, die so genannten Aufstocker, die Ein-Euro-Jobber und die prekär Angestellten. Dennoch scheint die Bevölkerung vor dem Weihnachtsfest und dem Jahreswechsel „im Konsumrausch“ und spendabel zu sein – ganz nach der Devise „Wenn nicht jetzt, wann dann?!“.

Panoramaansicht des Ludwig-Bölkow-Hauses - Sitz der IHK zu Schwerin (Foto: IHK)Weltweit betrachtet, scheint das Schlimmste nach der globalen Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise überstanden zu sein. Über die wirtschaftliche Situation hierzulande, den „Fachkräftemangel“ in der Region und über die aktuellen Koalitionsvereinbarungen sprach Marko Michels mit Dr. Dorothee Crayen, Geschäftsbereichsleiterin „Standortpolitik, International“ und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren bei der IHK zu Schwerin,

„Sind vom demografischen Wandel stark betroffen…“

Frage: Und wieder ist ein Jahr vorüber. Das Jahr fünf nach dem Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise. Wie stehen nun die Firmen im Bereich der IHK zu Schwerin und in ganz MV da? Alles im „grünen“ (wirtschaftlichen) Bereich?

Dr. Dorothee Crayen (Foto: IHK zu Schwerin)Dr. Dorothee Crayen: Im Bezirk der IHK zu Schwerin geht es den Unternehmen insgesamt gut. Sowohl die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage als auch die Erwartungen für das nächste Jahr, die beide in den Konjunkturklimawert einfließen, haben einen neuen Höchststand seit dem Frühsommer 2011 erreicht. So beurteilt jedes zweite Unternehmen seine aktuelle Lage als gut, weitere vierzig Prozent sind zufrieden.

Frage: Stichwort „Fachkräftemangel“… Wird hier nicht seitens der Medien, Arbeitsverwaltung und Politik nicht ein Begriff pauschalisiert? Echten Fachkräftemangel gibt es doch wirklich nur im Bereich der spezialisierten Naturwissenschaften, bei den Ingenieurwissenschaften und vor allem im Informatik-Bereich – oder?

Dr. Dorothee Crayen: Meiner Meinung nach ist diese Aussage leider etwas zu positiv. Westmecklenburg ist vom demografischen Wandel stark betroffen. Das schlägt sich besonders in der Schulabgängerzahl nieder. Es fällt den Unternehmen zunehmend schwerer Auszubildende zu finden, die die zukünftigen Fachkräfte werden. In den von Ihnen aufgezählten Berufen, außerdem im medizinischen Bereich und den Pflegeberufen, ist die Situation sehr angespannt. Im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern fällt es außerdem im Hotel- und Gaststättengewerbe besonders schwer, Arbeitskräfte zu finden. … Auch zum Beispiel Berufskraftfahrer werden vermehrt gesucht.

Aus dieser Situation resultiert die Einschätzung, dass vier von zehn Unternehmen den Fachkräftemangel als Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sehen. Viele Unternehmen arbeiten deshalb daran, die Rahmenbedingungen, unter anderem für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, möglichst attraktiv zu gestalten, leisten zusätzliche Unterstützung für Auszubildende mit erhöhtem Aufmerksamkeitsbedarf und werben verstärkt auf Messen, in Internetportalen und Magazinen um Arbeitskräfte.

Frage: Wie beurteilt die IHK zu Schwerin das Jahr 2013? Welche Hoffnungen verbindet diese mit dem kommenden Jahr – nach den bekannt gewordenen Entscheidungen der möglichen CDU-CSU-SPD-Koalition in Berlin zu Mindestlohn, Frauen-Quote, Rente, Energiewende und PKW-Maut?

Dr. Dorothee Crayen: Ich erwarte, dass sich der Mindestlohn auf eine nicht geringe Anzahl von Unternehmen in Westmecklenburg deutlich auswirkt, natürlich in Abhängigkeit der genauen Ausgestaltung. Die Frauen-Quote ist aktuell nur für die Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten angekündigt, nur bei börsennotierten Unternehmen ist eine Quote für die Neubesetzung von Aufsichtsräten konkretisiert worden. Börsennotierte Unternehmen spielen bisher in Westmecklenburg zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle.

Die angekündigten Neuerungen in der Rente setzen Anreize zu einem frühzeitigen Ausscheiden vom Arbeitsmarkt. Diese Maßnahme wird grundsätzlich die Bestrebungen der Unternehmen, Fachkräfte so lange wie möglich im Erwerbsleben zu halten, konterkarieren. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie häufig die neuen Regelungen überhaupt in Anspruch genommen werden. Die Energiewende ist für unsere Region aus mehreren Perspektiven hoch relevant. Schwierig gestaltet sich die Schaffung notwendiger Infrastruktur, um den erzeugten Windstrom aus dem Norden in den Süden zu transportieren.

Die PKW-Maut lehnen wir grundsätzlich ab: Bevor mehr Geld von Steuerzahlern oder Nutzern kommen soll, muss die Verkehrsplanung effizienter und effektiver werden. Nach wie vor werden zum Beispiel Unterhaltungsmaßnahmen später durchgeführt, als dies ökonomisch sinnvoll ist. Es werden bereits ausreichend Mittel im Verkehrsbereich durch Kfz-und Mineralölsteuer sowie LKW-Maut generiert. Diese werden jedoch zu einem zu geringen Teil in die Infrastruktur reinvestiert, sondern für andere Haushaltszwecke verwendet.

Frage: Wie ist Ihre Meinung, Ihre Prognose für die globale Entwicklung der Weltwirtschaft 2014?

Dr. Dorothee Crayen: Meiner Meinung nach wird es 2014 einen Aufschwung der Weltkonjunktur geben. Auch unsere Unternehmen werden von der Erholung in den Eurokrisenländern, dem starken Wachstum in Mittel -und Osteuropa sowie der anziehenden Konjunktur in den Schwellenländern und Nordamerika profitieren.

Letzte Frage: Sie sind auch Vorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren MV. Seit drei Jahren gibt es die sportliche Veranstaltungsreihe für Kinder „beneFIT“, die maßgeblich von den Wirtschaftsjunioren organisiert wird. Dieses Event wird 2014 fortgesetzt. Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht der Sport, auch der Leistungssport?

Dr. Dorothee Crayen: „beneFIT“ geht am 6. September 2014 im Sportzentrum „belasso“ Schwerin in die nächste Runde. Wir freuen uns, dass „beneFIT“ so gut angenommen wird und sich so viele Kinder für Sport interessieren. Sport hat aus meiner Sicht eine ganz wichtige gesellschaftliche Bedeutung. Bewegung hat natürlich viele positive gesundheitliche Aspekte, aber auch eine wichtige Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kinder lernen im Sportverein Teamgeist, Disziplin, Respekt und Selbständigkeit. Letztendlich führt aktiver Sport zu Leistungssteigerungen in der Schule, die anderen (kommunikativen) Eigenschaften verbessern den sozialen Umgang. Dieses sind für die Kinder wichtige Voraussetzungen, um im späteren Erwerbsleben zu bestehen. Leistungssport generiert einerseits Vorbilder, bietet gesellschaftliche Identifikationsfiguren und stellt nicht zuletzt auch einen hohen Freizeitwert für die Zuschauer dar.

Vielen Dank
Marko Michels

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