Zwischen „Classic Rocks“ und „Lysistrate“

Schwerins kulturelle Ambitionen im April

Der April 2013 ist ein weiterer Premieren-Monat am Mecklenburgischen Staatstheater. So wird z.B. „Don Quijote“ am 28. April ab 16.00 Uhr bei seiner Premiere im Puppentheater im E-Werk für die Kinder gegen Windmühlen kämpfen. Hingegen geht es bei „Eugen Onegin“ – Tschaikowskis berühmter Oper, nach dem Roman von Alexander Puschkin – um die große Liebe (Premiere 12. April). Beim Schauspiel „Minna von Barnhelm“ von Ephraim Lessing – Premiere am 16. April im E-Werk – wird sich jede/jeder die Frage „Was ist der Krieger ohne Krieg?“ individuell beantworten können.

Am 11. April wird das sinfonische Märchen „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofjew im Rahmen des dritten Kinderkonzertes aufgeführt. Und das siebente Sinfoniekonzert der Spielzeit 2012/13 wird am 22., 23. und 24. April mit Werken von Rosetti, Mozart und Bruckner sowie mit der beeindruckenden Sopranistin Stamatia Gerothanasis das Publikum begeistern.
Zudem wird das zweite große Projekt von „Spielstätte Stadt“ unter dem Motto „Change your world!“ an verschiedenen April-Tagen in Schwerin zelebriert.

Classic Rocks

Eine weitere interessante Premiere ist die Ballett-Uraufführung „Hummelflug – Klassik trifft Moderne“ (am 11. April im E-Werk). Dabei heißt es nicht „Bach versus Hardrock“, sondern „Bach with Hardrock“, also klassische und moderne Musik in konzertierter, harmonischer Koexistenz. Dazu die brillanten Tänzerinnen und Tänzer des Ballett-Ensembles des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin, dessen Können national und international schon mehrfach preisgekrönt wurde.

Diese Symbiose zwischen Klassik und Moderne ist ein Projekt von Sergej Gordienko, Ballett-Direktor am Mecklenburgischen Staatstheater, und Lode Devos, Ballettdirektor und Chefchoreograph des Chemnitzer Opernhauses. Was Gordienko und sein Ensemble können, bewiesen die Beteiligten bereits mit den Aufführungen zu „Coppelia“ 2012. Fans und Kritiker waren begeistert.

Tanztheater „Lysistrate“

„20 Minuten bis 30 Minuten Luftlinie“ vom Mecklenburgischen Staatstheater bzw. E-Werk entfernt präsentiert auch das Tanztheater „Lysistrate“ sein großes Können. Die Leiterin Silke Gerhardt hat dabei große Talente in ihren Reihen. Das neue Stück „Einen Schuh verlieren…“ fand dort großen Zuspruch.
 
Nachgefragt bei Silke Gerhardt, Leiterin des Tanztheaters „Lysistrate“

„Kunst und Kultur gehören für mich zur Lebensfreude…“

Frage: Ballett ist große Kunst, verlangt große Hingabe und bedeutet große Emotionen. Sind Ballett-Tänzerinnen und Ballett-Tänzer größere künstlerische Enthusiasten als zum Beispiel Schauspieler oder Musiker, gerade wenn man auf die Ereignisse am „Bolschoi-Theater“ in Moskau blickt oder vor dem Hintergrund des Films „Black Swan“ mit Natalie Portman? Sind diese außerdem schwieriger und emotionaler als andere Künstler? Welche Erfahrungen machten Sie mit Ihren Eleven bei „Lysistrate“?

Silke Gerhardt: Zunächst einmal muss ich vorab schicken, dass Lysistrate ein Tanztheater und kein Ballett ist und es sich um Schülerinnen und Schüler handelt, für welche der Tanz einer vieler Lebensbereiche ist. Dennoch gibt es sicher Parallelen. Tanz erfordert stets Disziplin, Hingabe und Leidenschaft. Der Körper wird von frühester Kindheit trainiert wie bei einem Hochleistungssportler. Er muss über gewisse Voraussetzungen verfügen. Im Gegensatz zu anderen Künsten kann man Ballett nur über einen begrenzten Zeitraum ausüben. Tanztheater hingegen lässt sich bis in ein hohes Alter ausüben.

Als Beispiel sei hier Pina Bauschs „Kontakthof für Damen und Herren über 65“ genannt. Geschichten wie am Bolschoi oder bei „Black Swan“ entsprechen natürlich auch dem gängigen Ballett-Klischee. Bolschoi ist schließliche DAS klassische Ballett-Ensemble. Wer dort tanzt, hat es geschafft. Dies hat einfach mit Konkurrenz zu tun, mit Eitelkeiten. Im Zeitalter der Kultur-Kürzungen wohl auch ausgeprägter denn je …  Andererseits sind diese Dinge auch keine Alltags-Erscheinungen. Ich glaube, Künstler sind immer Menschen mit überdurchschnittlicher Emotionalität. Und somit sind sie auch schwieriger für andere …

Frage: Im E-Werk feiert nun das neue Stück des Ballett-Ensembles des Mecklenburgischen Staatstheaters am 11. April Premiere – „Hummelflug – Klassik trifft Moderne“. Wie ist Ihre Meinung zum Schweriner Ballett-Ensemble? Was erwarten Sie von deren Neu-Aufführung? Und… Gibt es Kooperationen zwischen dem Ballett des Staatstheaters und „Lysistrate“?

Silke Gerhardt: Das Konzept der vergangenen Jahre, unterschiedliche Choreografen im Schweriner Ballett tätig werden zu lassen, hat mir gut gefallen. In dieser Spielzeit hatte ich noch keine Gelegenheit, etwas unter der Leitung des neuen Ballettdirektors zu sehen.

Spannend ist für mich immer Arbeit im Tanz, der sich mit der Gegenwart auseinandersetzt, etwas Neues entstehen lässt, provoziert, Diskussionen hervorruft. Aus diesem Grund liebe ich die Arbeiten von Pina Bausch, fühle mich dem Genre Tanztheater näher als dem Ballett. Zusammenarbeit gibt es daher eher mit dem Schauspiel. So war „Lysistrate“ zum Beispiel an der Inszenierung „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ beteiligt. Tänzerinnen unseres Ensembles tanzten auch in „Hair“ und in der „Rocky Horror Show“. Auch in der „Fledermaus“ werden einige zu erleben sein.

Frage: Was halten Sie von der Idee klassische und moderne Musik zu verbinden?

Silke Gerhardt: Musik ist für mich eine große Komponente im Tanz. Dabei gibt es für mich keine Grenzen, auch das Tropfen eines Wasserhahns ist im entsprechenden Kontext Musik. Für mich lässt sich dramaturgisch begründet alles kombinieren.

Frage: Welche weiteren Veranstaltungen plant eigentlich „Lysistrate“ in den kommenden Wochen?

Silke Gerhardt: Derzeit laufen weitere Vorstellungen der aktuellen Produktion „Einen Schuh verlieren…“ (Anmerkung: Termine unter www.lysistrate.net!). Am 28. April ist „Lysistrate“ mit einer Performance beim FrühlingsErwachen auf dem Markt zu erleben. Und dann gibt es am 16. Mai die Premiere des Junior-Ensembles. Hier steht „Der Sturm“ von William Shakespeare auf dem Spielplan. Vor der Sommerpause gibt es am 31. Mai ein Tanzfest, dort sind alle Produktionen der Spielzeit noch einmal zu sehen.

Frage: Wenn gespart werden soll, ist überall zuerst die Kultur und Kunst betroffen. Welche Bedeutung hat aus Ihrer persönlichen Sicht ein Theater für die Gesellschaft?

Silke Gerhardt: Hierzu ist schon unendlich viel gesagt worden. Kunst und Kultur gehören für mich zur Lebensfreude, daher natürlich auch das Theater. Als Lehrerin bin ich auch der festen Überzeugung, dass zu einer allseitig gebildeten Persönlichkeit auch die kulturelle Bildung gehört. Hier spielt Theater eine tragende Rolle.

Frage: Vom 30. April bis 5. Mai findet auch wieder das Filmkunstfest in Schwerin statt: Für Sie ein kulturelles Muß?

Silke Gerhardt: Ich werde, so es meine Zeit zulässt, dabei sein.

Vielen Dank! Weiterhin bestes kulturelles Engagement und viel Erfolg mit „Lysistrate“…

Marko Michels

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