Zwischen „Fliegenden Ochsen“, viel Sonne und 131 Filmen

Ein Rückblick auf das 26. Filmkunstfest M-V

 

Schwerin ist bekanntlich eine cineastische Hochburg. Eine mit Geschichte. Bereits im Jahr 1912 fand das damalige „Kinematografische Theater, später „Apollo-Lichtspiele“ bzw. seit 1929 „Schauburg“, ein interessiertes Publikum. Vor nunmehr 80 Jahren, 1936, wurde das Lichtspieltheater CAPITOL Schwerin, der heutige Filmpalast CAPITOL, eröffnet. Und seit 1995 befindet sich am Bleicherufer mit dem Mega Movies das seinerzeit erste Multiplex-Kino in M-V. Schwerin und Kino – das geht immer. So lockt auch das Filmkunstfest, das in diesem Jahr seine 26. Auflage erlebte, jährlich tausende Filmbegeisterte in die Kinosäle der Landeshauptstadt.

 

Interview

Am 8. Mai ist das Filmkunstfest wieder zu Ende gegangen. Resümierend sprachen wir mit dem Pressesprecher der FilmLand M-V gGmbH, Max-Peter Heyne.

„Die filmverrückten Schweriner haben uns nicht im Stich gelassen…“

 

Sechs Tage „Filme nonstop“ liegen hinter Schwerin. Wie lautet Ihr erstes Resümee – aus organisatorischer, künstlerischer und ideeller Sicht?

The Flat Earth Society performing music to the film "The Oyster Princess" at the mac on October 2nd 2010.Max-Peter Heyne: Trotz des Himmelfahrt-Feiertages und des einbrechenden Sommerwetters konnten mit rund 17000 Besuchern unter erschwerten Bedingungen annähernd ähnliche Zahlen wie im Jubiläumsvorjahr (18000) erreicht werden. Zu sehen waren insgesamt 131 Filme in mehr als 147 Einzelveranstaltungen an sechs Tagen.

„Die ersten sommerlichen Tage sind für Kinomacher in der Regel eine echte Herausforderung. Die filmverrückten Schweriner haben uns trotzdem nicht im Stich gelassen. Das spricht für die Qualität unseres Programms und zeigt, dass unser Festivalpublikum der Filmauswahl vertraut hat“, freut sich insbesondere der Künstlerische Leiter und Geschäftsführer der veranstaltenden FILMLAND MV gGmbH, Volker Kufahl.

Auch die internationalen Programmreihen zum Gastland Belgien und „Focus Baltic Sea“ wurden gut angenommen. Der am besten besuchte Film war mit Abstand der Dokumentarfilm „Rabbi Wolff“, den Regisseurin Britta Wauer zusammen mit ihrem Protagonisten, William Wolff, zur Eröffnung des FILMKUNSTFESTs MV am 3. Mai präsentierte.

Der gute Spirit des Films setzte sich auf dem Festival fort, zu dessen Highlights das umjubelte Stummfilmkonzert „Die Austernprinzessin“ gehörte, das die Jazzband „Flat Earth Society“ aus Gent mit großem Einfallsreichtum musikalisch begleitete. Traditionell ausgebucht waren die Vorführungen des NDR-spezial und der Kurzfilmnacht.

Die informativen Late-Night-Talks, die ebenso wie die Eröffnungs- und Abschlussfeier und das Werkstattgespräch mit Ehrengast Christine Schorn vom beliebten Radiomoderator Knut Elstermann gewohnt humorvoll durchgeführt wurden, sorgten bis weit in die Nacht für ein volles Festivalcafé Platon in der Schweriner Innenstadt.

 

Wer „ergatterte“ die Hauptpreise des 26. Filmkunstfestes?

Max-Peter Heyne: Der Hauptpreis des Spielfilmwettbewerbs, der vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit 10.000 Euro dotierte „Fliegende Ochse“, ging an die österreichische Produktion „Thank You For Bombing“ (Regie: Barbara Eder), die mehrere Episoden von Kriegsreportern miteinander verbindet. Ministerpräsident Erwin Sellering konnte den Preis am Samstagabend an einen der Produzenten, Peter Wirthensohn, im Festivalkino Filmpalast Capitol überreichen.

Große Gewinnerin bei der Gala war die Regisseurin und Ko-Autorin des deutschen Schwangerschaftsdramas „24 Wochen“, Anne Zohra Berrached, die gleich drei Preise auf der Bühne des Großen Saals des Festivalkinos Filmpalast Capitol entgegennehmen konnte: den mit 5.000 Euro dotierten NDR-Regiepreis, den mit 4.000 Euro dotierten Förderpreis der DEFA-Stiftung und den mit 2.500 Euro dotierten und von der Schweriner Volkszeitung gestifteten Publikumspreis. „24 Wochen“ startet am 22. September 2016 im Verleih von Neue Visionen bundesweit im Kino.

Einer der Dokumentarfilmbeiträge, der beim 26. FILMKUNSTFEST aufgrund seiner regionalen Bezüge für ausverkaufte Säle gesorgt hatte, „Parchim International“ (Regie: Stefan Eberlein; Kinostart: 19. Mai 2016) über einen chinesischen Großinvestor in der mecklenburgischen Provinz, erhielt den Preis für den besten Dokumentarfilm des Wettbewerbs ex aequo zusammen mit dem deutschen Film „Meine Brüder und Schwestern im Norden“ über Menschen in Nordkorea von Regisseurin Sung-Hyung Cho. Cho konnte den Preis persönlich in Empfang nehmen, da sie in der Kurzfilmjury saß, die sich für den deutschen Kurzfilm „Kaputt“ entschieden hatte. Darin berichten die Regisseure Volker Schlecht und Alexander Lahl über Schicksale im größten Frauengefängnis der DDR.

Der Ehrengast, die Schauspielerin Christine Schorn, nahm den „Goldenen Ochsen“ aus den Händen des Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Schirmherrn des Festivals, Erwin Sellering, entgegen.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig übergab zusammen mit Jugendlichen aus Schwerin und aus Flüchtlingsfamilien den Preis an den besten Jugendfilm des Wettbewerbs, „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“ (Regie: Florian Schnell) über einen Game-begeisterten Jungen, der sich in der realen Welt bewähren muss. Das interkulturelle Jurykonzept wird von Olaf Hagen von der Stiftung Sozial-Diakonische Arbeit der Evangelischen Jugend auch in den nächsten Jahren begleitet.

 

Was waren die ganz besonderen Höhepunkte 2016?

Rabbi Wolff (Foto: Salzgeber-Verleih)Max-Peter Heyne: Neben dem bereits erwähnten Dokumentarfilm „Rabbi Wolff“ und den Late-Night-Talks mit Knut Elstermann war auch der Dokumentarfilm „Wem gehört der Osten? – Die Deals der Einheit“ über die Privatisierungswelle auf dem Gebiet der DDR 1990/91 äußerst interessant. Auf diesen Dokumentarfilm folgte eine außerordentlich lebhafte Diskussion zwischen dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière, dem Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Helmut Holter, und dem ehemaligen Präsidenten des Bauernverbandes MV, Gerd-Heinrich Kröchert sowie dem Produzenten des Films, Olaf Jacobs (in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung).

 

Steht schon der genau Termin für das „27.“? Welches ist dann das Gastland?

Max-Peter Heyne: Das 27.Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern wird vom 2. Mai bis 7. Mai in Schwerin stattfinden. Das Gastland steht aber noch nicht fest.
… Jetzt müssen wir vom Team erst einmal tief durchatmen, denn die Arbeit für ein solches Festival kostet Kraft – auch wenn es Spaß macht und eine abwechslungsreiche Herausforderung ist!

 

Vielen Dank, gutes Relaxen und ein erfolgreiches Filmkunstfest 2017!

Die Fragen stellte Marko Michels

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