„Teuflische Tage“ in Schwerin

Zwischen Wirtschaftskrisen, Regierungserklärung und Dr.Faust

Theater SchwerinAm Wochenende gibt es ein Wiedersehen mit dem legendären Christoph Schroth, der seine aktuelle Faust-Aufführung aus Cottbus „mitbringt“. Das wäre natürlich ein Grund, ins Theater zu gehen, wenn die Karten nicht schon ausverkauft wären ;( , ein Grund aber auch zum Nachdenken (für die Nicht-Karten-Inhaber) …

Heute wurde wieder einmal mehr Bürgernähe, bessere Bildung und Kinderförderung, eine wachsende Wirtschaft und ein positiver Arbeitsmarkt beschworen: „Mecklenburg-Vorpommern einig Gesundheits-, Kinder-, Senioren- und Bildungsland !“

Alle Jahre wieder – es geht in Richtung „Christmas-Time“, wovon schon seit Ostern die zahlreichen Pfefferkuchen und Marzipanbrote in den von Mecklenburg bis Bayern ewig gleichen Supermärkten zeugen.

Außer flotten Sprüchen und den fast stetig gleich lautenden (politischen) Beteuerungen seit 1989/90, geändert hat sich nichts wesentlich, dabei sollten doch gerade nicht die ewig gleichen Fehler erneut fabriziert werden …

Weder ist die Menschheit friedliebender, noch einsichtiger geworden. „Sozialismus weg, Kapitalismus da – hurra !“ und „Reich wird reicher und arm bleibt arm !“ – So einfach lässt sich das Resümee der Wirtschafts“elite“, die aber keine ist, verorten.

Dass täglich bis zu 30000 Menschen oder sogar noch mehr (Die Statistiken „schwanken“ und irgendwie haben die „Zähler“ wohl auch den Überblick verloren …) elendig verhungern, und mitunter sogar in Deutschland, dass die Berichterstattung im – auch deutschen – Fernsehen  kaum etwas mit den tatsächlichen Geschehnissen auf diesem Planeten zu tun hat (Dafür bezahlen wir ja auch die GEZ – fürs bildungsferne Kuschel-TV !), dass „Gierlinge“ Milliarden verzocken und „Väterchen Staat“ einspringt sowie – dass knapp 30 Prozent der Menschheit auf Kosten der restlichen 70 Prozent lebt, scheint eben das „Normale“ zu sein.

Der „Normalzustand“ anno 2008 sind also zig Tausende Tote täglich durch Krieg, Hunger und Umweltzerstörung, tolerierte Volksverblödung durch Massenmedien und selbst ernannte „Eliten“ (So kann man Begriffe diskreditieren !).

Wie meinte einst der legendäre Kara Ben Nemsi zum selbst bestimmten Prediger (der am Ende nichts anderes war als ein gefährlicher Gauner des noch gefährlicheren Gauners, des „Schut“…), den „heiligen Mübarek“, als dieser dem schnell schießenden Helden den Tod androhte: „Du hast doch nur Angst um Deinen Thron, auf den Du Dich selbst gesetzt hast  …“

Man muß heute nur prächtig „blenden“ können, einen Designer-Anzug spazieren führen und viel Gel ins Haar schmieren – großes „Maul“ gibt es gratis dazu – und schon ist das Schmieren-Theater fertig: Die Mehrheit der  Menschheit glaubt dem Schein, nicht dem Sein.
Da muß – wie beim Andersen_Klassiker „Des Kaisers neue Kleider“ – erst ein naives Kind rufen: Der hat ja gar nichts an, der ist ja nackt !

Ja, „nackt“ erscheinen auch die heutigen Politiker und Wirtschaftsweisen – oder eher Wirtschaftsweißen. Diese (Wirtschafts-)Bleichgesichter liefen in ihrer Gier nach Gold oder eher nicht vorhandenem Geld in ihr Verderben. Sie hätten eben doch auf einige „Rothäute“ sowie dessen berühmtesten Vertreter „Winnetou“ hören sollen – aber in diesen Kreisen liest man ja ohnehin nur gefälschte Bilanzen und weder Karl May noch Karl Marx .

Doch nicht nur die „Roten“ warnten vor finanziellen Miseren und größer werdendem Elend auf der Welt. Der gegenüber sozialistischen Neigungen unverdächtige  Peter Ueberroth, ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, (Sport-)Unternehmer, der die Olympischen Spiele 1984 in L.A. mit wirklich großem Erfolg managte, und der heute Präsident des amerikanischen olympischen Komitees ist, meint gar: „Wenn es politisch gewollt wäre, bräuchte es heute keinen Hunger mehr auf der Welt zu geben !“.
Tja, wer sich um seinen Existenzkampf, ums Überleben kümmern muß, kann schlecht die „Macht-Elite“ kontrollieren und ihr – nur notfalls – ein wenig „auf die Finger klopfen“.

Doch, wenn nichts mehr hilft, nicht einmal der liebe Gott, gerät man schon in Versuchung …

SchwarzMit „Mephisto“ – und nun sind wir wieder bei der Schweriner Theater-Aufführung – eine „temporäre Allianz“ eingehen, um das „Böse“ mit dem „Teuflischen“ zu bekämpfen.
 
Beide, die Jünger Mephistos, die selbstherrlichen Politiker (nicht alle), die gierigen Finanz-Unternehmer (nicht alle), die um das „goldene Kalb tanzen“, gegen ihren „ schwarzen Meister“ (Keine Angst, hat nichts mit der CDU/CSU zu tun ! Bin übrigens, trotz allem, noch ein Fan von F.J.S. oder Konrad Adenauer, auch wenn ich deren politische Ansichten nicht immer unbedingt teilte.) ausspielen, austricksen  ?

Also, sich mit dem „Teufel“ verbünden, um die wirklichen Feinde der Demokratie auszuschalten – und am Ende sogar ihm ein Schnippchen schlagen ?

Gedanken, die angesichts weltweiter Armut, unzähliger Kriege, fortschreitender Umweltvernichtung, schon aufkommen.

Doch gibt es genügend „Dr.Fäuste“ in Deutschland und anderswo ? Na gut, die Ukraine hat ja die beiden Klitschkos … Und Deutschland ? Frau Merkel, Herrn Ramsauer oder  Herrn Müntefering ! Sollte es da zum „Showdown“ mit „Mephisto“ kommen, dürfte auch ein roter Schal nichts helfen. Aber hilfsbereite Engel gibt es insbesondere in der SPD heutzutage nicht mehr so oft. Frau Nahles erwies sich da ja – mit Blickrichtung Müntefering – vor drei Jahren als suboptimal. Und Manuela Schwesig ist nun einmal Sozialministerin in Schwerin, da müssen andere ran.

Besser, wäre es allerdings, man müsste Gedankenspiele mit „teuflischer Perspektive“ gar nicht haben und Politikerinnen und Politiker blieben authentisch, mit Bodenhaftung, kompetent, aufgeschlossen bzw. ganz einfach nur aufrichtig.

„Beste Ziele sind verkündet, nun lass uns Taten sehen. Das Handeln sei beobachtet !“, möchte man/frau dem neuen Ministerpräsidenten in M-V, Erwin Sellering, zurufen. Aber irgendwie: Das Gesagte wurde gehört, erreichte aber nicht die Herzen …  Oder doch noch ?!

Vielleicht wäre ein Theaterbesuch am Samstag sogar sinnvoll ? Man könnte ja die Beschwörungsformel erfahren … Und dann, die Welt besser machen … ?

Doch letztendlich ist es, wie es ist: Irdische Probleme lassen sich bekanntlich nur mit „irdischen, selbstlosen“ Menschen lösen – und das können sogar Politikerinnen und Politiker sein.

Aber den „ollen Faust“, noch dazu von Christoph Schroth inszeniert, sollte man schon gesehen haben, wenigstens „auf  Video“ !

M.Michels

 
PS: Anscheinend wollen einige Politiker die teuflische Beschwörungsformel für sich behalten und haben alle Karten für Samstag schon abgegriffen – wer weiß ?!

 
> Einige Angaben des Staatstheaters in Schwerin zur „Faust“-Aufführung am 25.10.2008 im Großen Haus:

Schroth„Mit Christoph Schroth kehrt im Rahmen eines Gastspiels eine Theaterlegende an das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin zurück. Im Gepäck hat er seine aktuelle Faust-Inszenierung aus dem Staatstheater Cottbus. Die Karten für das einmalige Gastspiel „Faust. Der Tragödie erster Teil“  am 25. Oktober 2008 im Großen Haus sind seit Wochen ausverkauft. Der inzwischen 70-jährige Theatermann war lange Zeit Schauspieldirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Von 1979 bis 1989 war sein legendärer sechsstündiger Faust-Marathon auf der Schweriner Bühne in über 100 – stets ausverkauften – Vorstellungen zu erleben.

Christoph Schroth sieht in dem Faust-Stoff eine zutiefst heutige Geschichte. Auf der Suche danach, wo wir in unserer Welt einen Faust und eine Margarete antreffen, kommt der Regisseur erneut zu überraschenden Ergebnissen. Dieser zeitgemäße Faust stellt die Fragen nach rücksichtloser Selbstverwirklichung, aufrichtiger Liebe und erbarmungslosen Glaubensgrundsätzen aus dem Blickwinkel unserer heutigen Ich-geprägten und kompromisslosen Welt.

Am Sonntagvormittag nach dem Gastspiel sind alle Theaterinteressierten herzlich zu einer Matinee mit dem berühmten Faust-Regisseur eingeladen. Journalist Manfred Zelt spricht u.a.  mit Regie-Altmeister Christoph Schroth.“

1.Foto – Das Staatstheater bei Nacht – am 31.12.2007 … (mm)

2.Foto – „Herr Mephisto“ bestand darauf, nur einen Teil seines schwarzen Mantels zu fotografieren … mm

3.Foto – Christoph Schroth bei der Theater-Probe (F.: Marlies Kroos)

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