Die Rodel-Saison 2012/13 beginnt

Auch Schwerin mit „Schlitten-Tradition“

Schlittensport und Schwerin – das geht ebenfalls. Schwerinerinnen und Schweriner sind sogar rodelbegeistert, wobei die Möglichkeiten zum „Aktivsein“ arg eingeschränkt sind – zwischen hoffentlich schneebedecktem Schlossgarten bzw. Lankower Bergen im Winter oder der Rodelbahn während des Weihnachtsmarktes.

Schwerin hat aber sogar eine gewisse nationale und internationale Schlitten-Tradition. Der Zehnkampf-Weltmeister von 1987 und Zehnkampf-Olympiazweite von 1988 Torsten Voss, 1963 in Güstrow geboren und für den SC Traktor Schwerin als Leichtathlet startend, war ebenfalls ein hervorragender Bob-Sportler. Seine WM-Bilanz im Vierer: WM-Silber 1997, WM-Bronze 1995 und WM-Bronze 1996.
Und vor 61 Jahren wurde der Schweriner Walter Wendt mecklenburgischer Meister im Rennrodeln in Oberhof, wobei diese Titelkämpfe im Frühjahr 1951 im bekannten Wintersportort auf einer Natureisbahn durchgeführt wurden.

Nun beginnt aber am 3. Oktober die nationale und internationale Saison 2012/13 und die erfolgsverwöhnten deutschen Rodlerinnen und Rodler sind „heiß“ auf weitere Medaillen.

Weltmeisterliches zum Rennrodeln der Damen

Seit 1955 finden die Welttitelkämpfe auch im Damen-Einsitzer statt. Nachdem die Österreicherin Karla Kienzl seinerzeit den ersten WM-Titel erkämpfte, folgten 40 weitere WM, bei denen deutsche Rodlerinnen 31 x WM-Gold holten. Die restlichen WM-Titel teilten sich Österreich (4), Polen (2) sowie Italien, Lettland, die USA und die Schweiz (je einen).
Den letzten WM-Titel sicherte sich Tatjana Hüfner.

Deutsche Rodlerinnen auch bei den EM stark

Auch bei den Europameisterschaften im Damen-Einsitzer, die erstmals 1914 stattfanden, waren deutsche Athletinnen stets vorn dabei. Im Medaillenspiegel führt hier ebenfalls Deutschland souverän – mit 25 x EM-Gold vor Österreich mit 7 x EM-Gold, Italien mit 3 x EM-Gold, Russland sowie der Tschechoslowakei/Tschechien mit 2 x EM-Gold sowie Böhmen, Norwegen, Lettland und Polen (je einmal EM-Gold). Die erfolgreichste Rennrodlerin im Damen-Einsitzer ist jedoch (bis 2012) die Österreicherin Maria Isser, die 1952, 1953, 1954 und 1955 die Beste war.

Zwischen Olympia und Weltcup

Bei den olympischen Konkurrenzen im Damen-Einsitzer konnten die deutschen Rennrodlerinnen, die Herausforderinnen aus aller Welt ebenfalls meistens distanzieren. Mit 9 x Gold, 11 x Silber und 9 x Bronze sind die deutschen Rodlerinnen auch hier unangefochten vorn. Die erste Olympiasiegerin 1964 war Ortrun Endlein, die die spätere Wahl-Stralsunderin Ilse Geisler auf den Silber-Platz verwies. Tatjana Hüfner konnte 2010 das vorerst letzte Olympia-Gold erringen. Die restlichen Olympiasiege bei den Damen gingen an Italien (2) und Lettland (einer). Zweifaches Olympia-Gold errodelten Steffi Martin 1984 bzw. 1988 und Sylke Otto 2002 bzw. 2006.

Und auch die Weltcup-Wettbewerbe seit 1977/78 waren regelmäßig in deutscher Rodlerinnen-Hand. 26 x kamen die Gesamt-Weltcup-Siegerinnen im Rennrodeln aus Deutschland, 4 x aus Österreich, 3 x aus Italien, 2 x aus Russland und einmal aus Lettland.
Die erste Gesamt-Weltcup-Siegerin 1977/78 war Regina König, die vorerst letzte 2011/12 Tatjana Hüfner, die wie Silke Kraushaar-Pielach bislang 5 x die Gesamt-Wertung für sich entschied.

Erfolgreiche Rennrodlerinnen in MV

In den 1970ern bestimmte auch die erwähnte Ute Klawonn das Welt-Niveau im Damen-Rodeln maßgeblich mit. Ute Klawonn, Jahrgang 1954, früher SC Traktor Oberwiesenthal, jetzt Mitarbeiterin der Tourismuszentrale in Rostock-Warnemünde, gehörte in den 1970ern zu den besten Rennrodlerinnen der Welt, wurde unter anderem 1972 Europameisterin und Olympia-Zweite, 1973 EM- sowie WM-Zweite, 1974 WM- sowie EM-Dritte, 1975 WM-Zweite und 1976 Olympia-Zweite.

Auch eine weitere bekannte Rennrodlerin, die ihre größten Erfolge (Olympia-Silber 1964, WM-Gold 1962, 1963) in den 1960ern feierte, Ilse Geisler, lebt und arbeitete im Nordosten, in Stralsund.

Aber: Wie ist die Lage im deutschen Bob- und Schlitten-Lager, insbesondere bei den Rennrodlerinnen, so kurz vor der Saison 2012/13?

Nachgefragt bei Margit Dengler-Paar, Pressereferentin des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland

„Die internationale Konkurrenz hat aufgeholt …“

Frage: Frau Dengler-Paar, die internationale Rodel-Saison rückt immer näher … Wie beurteilen Sie „als Ehemalige“ die Situation im Rennrodeln der Frauen vor der vorolympischen Saison 2012/13? Wie verliefen die Vorbereitungen der Athletinnen?

Margit Dengler-Paar: Nächste Woche, am 3. Oktober geht es los. Die ersten Fahrten auf Eis werden unsere Rennrodlerinnen und -rodler im thüringischen Oberhof unternehmen. Ein paar Tage später geht es für unsere Nationalmannschaft bereits weiter ins Sauerland, nach Winterberg, wo das erste Qualifikationsrennen für den Weltcup steigt.

Zehn deutsche Damen kämpfen in drei Qualifikationsrennen um vier Startplätze im Weltcup. Das wird vor allem für die jungen Fahrerinnen eine Herausforderung, doch gleichzeitig natürlich auch die große Chance, sozusagen in der 1. Liga, im Weltcup, international zu starten.

Ich gehe davon aus, dass die in Oberhof trainierende Olympiasiegerin Tatjana Hüfner und die Olympia- und WM-Dritte Natalie Geisenberger aus dem bayerischen Miesbach im deutschen Team wieder die Nase vorne haben werden.

Frage: Aus Ihrer Sicht: Welche Rodlerinnen könnten die deutsche Hegemonie 2012/13 „durchbrechen“?

Margit Dengler-Paar: Die internationale Konkurrenz im Rennrodeln ist auch bei den Damen stark. Ich erwarte im kommenden Winter einen spannenden Kampf zwischen den deutschen Rennrodlerinnen, den Kanadierinnen um die WM-Vierte Alex Gough und den Russinnen mit Vizeweltmeisterin Tatjana Ivanova an der Spitze.

Letztere wird natürlich vor allem auf der neuen Olympiabahn in Sotchi ihren Heimvorteil nutzen wollen. Im Februar 2013 wird es – als Olympia-Generalprobe – den ersten Weltcup auf der neuen Olympiabahn für 2014 in Sotchi geben.

Das heißt, dass die Rennrodel-Weltcups und vor allem auch die Weltmeisterschaften im kanadischen Whistler Mountain im Januar 2013 versprechen, spannend zu werden. Die Zeiten in denen die deutschen Damen im Abonnement auf allen drei Treppchen-Plätzen standen, sind vorbei. Die internationale Konkurrenz hat stark aufgeholt.

Frage: Welche Ziele hat der Deutsche Schlitten- und Bobsportverband für die vorolympische Saison 2012/13 insgesamt – im Rennrodeln, im Bobsport und im Skeleton?

Margit Dengler-Paar: Wir wollen natürlich in den drei Sportarten und in allen zehn Disziplinen – mit den Teamwettbewerben – um Medaillen fahren und das nicht nur bei den Weltcup-Rennen, sondern vor allem bei den beiden Saisonhöhepunkten: den FIBT Weltmeisterschaften im Bob und Skeleton vom 21. Januar bis 3. Februar 2013 im Schweizer Wintersport-Ort St. Moritz und fast gleichzeitig mit den Rennrodlern bei den FIL Weltmeisterschaften am 1. und 2. Februar im kanadischen Olympia-Ort von 2010 in Whistler Mountain.

Es wird wohl nicht in allen Disziplinen mit den Medaillen klappen, das wäre ein Traum. Doch die Medaillen sind unser Ziel und unsere Athletinnen und Athleten haben in jeder Disziplin das Zeug dazu, auf dem Treppchen zu stehen und das ist unser Maßstab.

Dann großes Daumen drücken für die deutschen Schlitten- und Bob-Teams in der Saison 2012/13 und auch Ihnen alles Gute!

Marko Michels

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