Brasilien mit „Beach-Gold“ und Schwerin mit „guter Tradition“ …
Draußen witterungsmäßig „Tristesse“, in puncto Fußball aber „Sonne, Strand und Weltmeisterschaft“.
Bei der Beach-Soccer-WM 2007 erkämpfte Brasilien vor heimischem Publikum in Rio de Janeiro WM-Gold und bezwang im Finale Mexiko mit 8:2.
Die 15 Teams, die zusammen mit dem Gastgeber bei der dritten FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft angetreten sind, mussten neidlos die Klasse der brasilianischen Strand-Soccer anerkennen, die damit teilweise die Schmach bei der „Rasen-WM“ 2006 in Deutschland tilgten, als Brasilien bereits im Viertelfinale ausschied.
Der überragende Buru und seine ebenso auftrumpfenden Mitspieler Bruno, Sidney, Benjamin oder André bewiesen, dass Brasilien die unangefochtene Nr. 1 im Strand-Fußball ist.
„Geheim-Favorit“ Frankreich mit Trainer Eric Cantona wurde Vierter, hinter Uruguay,dem ersten Fußball-Weltmeister „auf Rasen“ überhaupt.
Im „ewigen WM-Ranking“ im Beach-Soccer führt Brasilien mit 10 x Gold und 1 x Bronze vor Portugal (1xG/3xS/1xB), Frankreich (1xG/2xS/1xB), Uruguay (3xS/4xB), den USA (1xS/1xB), Spanien (1xS/1xB), Peru (1xS), Mexiko (1xS) und Italien, England bzw. Argentinien mit jeweils 1xB.
Nur in einem Spiel mußten die Brasilianer 2007 „so richtig“ an ihre Grenzen gehen, als Russland nach einem 2:2 mit 5:4 im Neunmeterschießen bezwungen wurde.
Vor mehr als 100 Jahren: Wie der „moderne Fußballsport“ in die mecklenburgische Landesmetropole kam …
Die Gründung des „Schweriner Fußball-Clubs von 1903 e.V.“ – Vorgeschichte
Fußball und Mecklenburg-Vorpommern: Das ist gegenwärtig das beherzte Spiel und der leidenschaftliche Kampf des FC Hansa Rostock gegen den Abstieg aus der ersten Liga. Das ist aber auch die Erfolgsgeschichte des Toni Kroos: Der im Januar 1990 in Greifswald geborene Fußball-Spieler ist mittlerweile auf dem Weg, zu einem der ganz Großen in seiner Sportart zu werden.
Angefangen hat der äußerst talentierte Mittelfeldspieler beim Greifswalder SC. Hier kickte er zwischen 1997 und 2002, bevor er zum FC Hansa Rostock wechselte. Schnell wurden auch die Münchener Bayern auf das Talent des Toni Kroos aufmerksam und nahmen ihn 2006 unter Vertrag. Seit dem UEFA-Cup-Spiel der Bayern gegen Belgrad und seinem entscheidenden Tor dort ist er der „Shooting-Star“ der Münchener.
Doch der erfolgreiche Fußballsport hat auch in Schwerin ein „Zuhause“. Wolf-Rüdiger Netz, beispielsweise, der gebürtige Schweriner stand 1980 im silbernen Fußball-Olympiateam der DDR in Moskau.
Doch wie gelangte der „Fußball“ eigentlich überhaupt nach Schwerin ?!
Schweriner Fußball um die Jahrhundertwende 1900
Die Geschichte des „SFC“ ist gleichzeitig die Entwicklungsgeschichte des modernen Rasensportes in Schwerin.
Um die Jahrhundertwende, also um 1900, wurde in den Turnvereinen ebenso wie auf den Schulen in Schwerin so gut wie gar kein Rasensport – und damit auch das Fußballspiel – betrieben. Es gab nur wenige „turnerische (Rasen-)Spiele“, z.B. Barlauf, Schleuderball, Schlagball und gelegentlich Faustball.
Nur auf dem Realgymnasium wurde in den Sommermonaten bereits vor 1900 an Mittwoch- und Sonnabend-Nachmittagen – unter Leitung von Professor Metzmacher – von den oberen Klassen statt des winterlichen Kürturnens auf dem Großen Exerzierplatz Fußball gespielt.
Eine moderne Mannschaftsaufstellung kannte man damals noch nicht; durch Wahl wurden die freiwillig Erschienenen in zwei Parteien geteilt, die durch grüne und rote Armbinden unterschiedlich gemacht waren.
Die Position des Torhüters mußte stets ausgelost werden, denn freiwillig war niemand bereit, nur „vor dem Gehäuse zu stehen“ …
Ein Torwart genoss in jenen Jahren nicht gerade höchstes Ansehen ! Genaue Spielregeln waren ebenfalls noch nicht bekannt, so daß das Mannschaftsspiel Fußball eher einer „Mannschaftsjagd“ glich: Jeder versuchte auf eigene Faust vorwärts zu kommen.
Ziemlich unpraktisch war die Kleidung. Kurze Hosen oder gar Fußballstiefel gab es noch nicht.
Die wollenen Strümpfe wurden über die langen Hosen gezogen, die Jacke ausgezogen und wenn der steife Kragen nicht abgebunden wurde, steckte man sich zwischen Hals und Kragen ein Taschentuch, damit der Kragen, für den nach dem Spiel zu unternehmenden König- und Friedrichstraßenbummel, nicht beschädigt wurde.
Fußballregeln in Schwerin …
Doch die Entwicklung des modernen Fußballspiels setzte sich auch in Schwerin durch. Mehr Ernsthaftigkeit und eine straffe Organisation im Spiel sollten Markenzeichen des Schweriner Fußballs werden.
Durch die Berufung des Kapellmeisters Zumpe aus München an das damalige Hoftheater kam dessen Sohn als Gymnasiast in die mecklenburgische Landeshauptstadt. Dieser hatte schon in München auf der Schule Fußball gespielt und interessierte auch schnell die Schüler des Schweriner Gymnasiums für diesen Sport.
Entsprechende Sportkleider und Fußballstiefel brachte er mit und lehrte den Schwerinern Mannschaftseinteilung und Regeln. Doch auch dessen Regelkenntnis hatte gewaltige Lücken.
So wurde nach seiner Anordnung z.B. ein Elfmeter in folgender Weise ausgeführt: Der Torwart im Tor – damals noch mit Vorliebe „Goal“ genannt – der „Elfmeter-Ausführende“ am Ball.
Die eine Partei stellte sich senkrecht von einem Torpfosten ab ins Spielfeld und die andere machte es ebenso am anderen Torpfosten. Auf den Pfiff des Schiedsrichters liefen beide Parteien in die sich zwischen ihnen befindliche Gasse und versuchten, den Ball zu erhaschen.
Familie Zumpe begründet modernes Fußballspiel in Schwerin – mit englischer Unterstützung !
Erst ein Regelheft von Vater Zumpe machte seinen Sohn auf dessen Regelverstoß aufmerksam. Mit Zumpe sen. begann insgesamt der Aufstieg des modernen Fußballspiels in Schwerin.
Auch ein in Schwerin zur Erlernung der deutschen Sprache anwesender Engländer leistete den Schweriner Fußball-Enthusiasten ebenfalls gute Dienste. Fußballstiefel wurden gekauft bzw. aus alten Schuhen von heimischen Schuhmachern hergestellt. Kurze Hosen wurden auf die denkbar einfachste Art beschafft.
Eine alte lange Hose schnitt man ab und von der Mutter oder Großmutter umgesäumt. Zudem beschafften sich die Gymnasiasten blau-gelbe Hemden, die Realgymnasiasten blaue Sweater mit blau-weißem Wappen.
Die Mannschaftskapitäne trugen mit großer Würde lange rote Schärpen. Nach all diesen Vorbereitungen gelang es dann auf den beiden erwähnten Schulen, die Direktoren zu bewegen, die Erlaubnis zur Gründung von Fußballmannschaften zu geben.
Freunschaftsspiel nach der Jahrhundertwende …
Wettspiele wurden zwischen Gymnasium und Realgymnasium ausgetragen, und bald gelang es dem Gymnasium, in Sperber-Hamburg den ersten auswärtigen Gegner nach Schwerin zu verpflichten.
Das Spiel fand am 3.Februar 1901 auf dem Großen Exerzierplatz bei ziemlich hohem Schnee statt und konnte nur durch die Überlegenheit des Hamburger Torwarts über den des Gymnasiums mit Mühe und Not 3:1 von Hamburg gewonnen werden.
Mit der Zeit hatten sich auch auf der Bürgerschule der Fußballklub Niklot und auf der Freischule der Fußballklub Adler gebildet. Doch beide Klubs traten im Vergleich zu den beiden Gymnasien, von denen allmählich das Realgymnasium das Gymnasium in Bezug auf Spielstärke überflügelt hatte, wenig in Erscheinung: So lagen die fußballsportlichen Verhältnisse in Schwerin zu Beginn des Jahres 1903.
Als dann zu Ostern 1903 einige Realgymnasiasten die Schule mit dem „Einjährigenzeugnis“ verließen, unternahmen sie es, die zur gleichen Zeit aus den übrigen Schulen zu Ostern Entlassenen der anderen Vereine in einem neuen Klub zusammenzufassen.
Konstituierung eines Schweriner Fußball-Klubs
Auf Initiative von Heinrich Schiya versammelten sich einige aktive Schweriner Fußball-Fans zu einer Besprechung über den Zusammenschluß zu einem Fußballklub am Abend des 6.Mai 1903 an der Siegessäule am Alten Garten.
Zu ihnen zählten Heinrich Schiya, Max Schmidt, Rudolf Ackermann, Otto Warncke, Emil Harnack, Paul Techentin, Gustav Starossom, Paul Fischer, Friedrich Peters und Rudolf Bernitt.
Der ebenfalls fußballbegeisterte Heinrich Schröder war an diesem Tag erkrankt; seine Zustimmung zur Gründung eines Fußballklubs überbrachte Rudolf Bernitt. An diesem Abend „spielte“ allerdings das Wetter nicht mit. Strömender Regen zwang die Teilnehmer, sich ein schützendes Dach zu suchen.
Diese eilten im Laufschritt unter das Portal des Theaters und von dort – nach Beendigung des Gewitterschauers – in das an der Lübecker Straße gelegene Gartenlokal Vahl (das spätere Restaurant „Klubhaus“ bzw. Geschäftshaus der Landes-Elektrizitätswerke).
Dort wurde „bei einem Glas Bier“ der Verein unter der Bezeichnung „Schweriner Fußballklub von 1903“ gegründet.
Erfolgserlebnis Fußball
Dank der engagierten Werbung der Gründungsmitglieder stießen sehr bald neue Fußball-Interessierte zum Klub – und bereits am 21.Mai 1903 konnte ein Spiel gegen das Realgymnasium ausgetragen werden.
Dabei vertraten den „SFC“: Schmidt, Gerds, Fr.Peters, Ackermann, Schult, Fischer, Bilguer, Techentin, Wilhelmi, Schiya und Bernitt.
In der Mannschaft des Realgymnasiums waren mehrere der eigentlichen Begründer und Förderer des Schweriner Fußballsportes vertreten, die ebenfalls, wenn auch noch offiziell verboten, Mitglieder des „SFC“ waren, und nach dem Verlassen der Schule teilweise der ersten „SFC“-Mannschaft angehörten.
Es handelte sich hierbei um Floerke, Peters, Parbs, Beckmann II, Meyer, Pagels, Beckmann I, Felten, Hennigs, Schulze und Lemcke. Das Realgymnasium gewann – aus Sicht der Augenzeugen „mehr als verdient“ – mit 1:0. Um entsprechende Spielpraxis und Spielerfahrungen zu erhalten, versuchte der „SFC“ zahlreiche auswärtige Mannschaften nach Schwerin einzuladen.
Aus mangelndem Selbstbewußtsein wagte es der „SFC“ jedoch nicht, nur mit den eigenen Spielern anzutreten.
Schon damals „Ärger“ mit den Schiedsrichtern …
So spielte eine kombinierte Mannschaft aus „SFC“, Gymnasium und Realgymnasium im Spätsommer 1903 gegen das Technikum Neustadt und den Rostocker Fußballklub von 1895.
Am 20.September 1903 trat dann die eigentliche „SFC“-Mannschaft zum ersten Mal gegen einen Gegner außerhalb Schwerins an – gegen den Fußballklub „Elite“ in Wismar.
Das Spiel ging zwar verloren und endete auch „turbulent“. Da ein Schweriner Spieler den Schiedsrichter wegen dessen angeblicher „Parteinahme für Wismar“ nach Spielende provozierte, wurde er aus dem „SFC“ ausgeschlossen …
Dennoch: Auch in den Folgejahren gehörte der Schweriner Fußball-Klub zu den beliebtesten Vereinen der Stadt !
Marko Michels
Landeshauptarchiv (2)
DOG (2)
Exkurs: Letzte EM-Qualifikationsspiele des deutschen Teams für die EURO 2008
> am 17.11.2007 gegen Zypern in Hannover (ab 20.15 Uhr live im ZDF)
> am 21.11.2007 gegen Wales in Frankfurt/M. (ab 20.30 Uhr live in der ARD)