“Kultur baut Brücken ….” – Interkulturelle Woche 2007

In drei Wochen beginnt in Schwerin die Interkulturelle Woche …
Interview mit dem Pressesprecher der Stadt Schwerin, Christian Meyer, zur Interkulturellen Woche 2007 in Schwerin

Vom 23.September 2007 bis 3.Oktober 2007 findet in Schwerin die Interkulturelle Woche zur Thematik “Teil haben – Teil werden” statt.

Annette Köppinger, Beauftragte für die Integration der Zuwanderer und Ausländerangelegenheiten der Stadt Schwerin, ist seit fast zwei Jahrzehnten eine engagierte Persönlichkeit, weit über die Stadtgrenzen Schwerins hinaus, für mehr Toleranz, Weltoffenheit und einem friedlichen Miteinander der Kulturen in Schwerin und in ganz Deutschland.

Leider stand Frau Köppinger aufgrund einer schweren Erkrankung für das Schwerin-News-Interview zur Interkulturellen Woche in diesem Jahr nicht zur Verfügung. Schwerin-News wünscht an dieser Stelle eine baldige Genesung und gute Besserung und hofft auf ein Gespräch noch 2007 !!!

Christian MeyerDer Pressesprecher der Landeshauptstadt Schwerin, Herr Christian Meyer, gab Schwerin-News nun ein sehr persönliches und fundiertes Interview aus Anlaß der Interkulturelen Woche 2007 in der Landeshauptstadt.
“Kultur baut Brücken …”
Schwerin-News: Die Interkulturelle Woche ist mittlerweile fester Bestandteil im Schweriner Kalender. Eine notwendige informelle Veranstaltung oder doch nur ein “Folklore-Festival” ?

Interkulturelle WocheChristian Meyer: Folklore gehört neben Informationen für mich dazu. Kultur baut Brücken, trotz sprachlicher, religiöser oder anderer Unterschiede.

Das Programm, dass der ökumenische Vorbereitungskreis mit vielen Helfern “gestrickt” hat, bietet zahlreiche Facetten – ernsthafte Diskussionsrunden, sportliche Events und kulturelle Veranstaltungen prägen die Woche.

Eine Mischung, die anspricht, um einander näher zu kommen, sich besser zu verstehen. Darum geht es letztlich.

Schwerin-News: Die Stadtverwaltung Schwerin und einige gemeinnützige Vereine und Einrichtungen Schwerins sind seit Jahren engagiert bei der Integration der neuen Schwerinerinnen und Schweriner aus aller Welt.

Nun gibt es aktuell erneute fremdenfeindliche Übergriffe in Halberstadt, in Mügeln, in Bützow und sogar Schwerin war vor einigen Wochen, nach der Hetzjagd im Schloßgarten auf französische Jugendliche, die hier zu Gast waren, in den Negativ-Schlagzeilen.

Ist Fremdenfeindlichkeit tatsächlich ein typisch ostdeutsches Problem ? Rassistische Übergriffe gibt und gab es ja auch in Frankreich, Italien oder Belgien …

Christian Meyer: Der Rechtsextremismus ist nicht nur ein ostdeutsches Problem.

Es gibt aber zu denken, dass die Zahl der ausländischen Mitbürger in den neuen Bundesländern deutlich geringer ausfällt und trotzdem die Zahl der ausländerfeindlich eingestuften Delikte relativ hoch ist. Die Ursachen sind sicher vielschichtig.

Vielleicht ist auch die Statistik nicht in jedem Fall gesichert. Ein Achtungszeichen, das zum Handeln aufruft, ist die Situation aber in jedem Fall.

Rechtsextremismus aber allein aus der Perspektivlosigkeit angesichts hoher Arbeitslosigkeit erklären zu wollen, greift meines Erachtens aber zu kurz. Insofern ist es schade, dass ein Experte in der Ursachenforschung wie Herr Birzer nicht mehr für die Politische Akademie in MV tätig ist.

Schwerin-News: Viele Migranten, auch in Schwerin, nehmen aktiv am gesellschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Leben in Schwerin.

Doch es gibt auch Parallelgesellschaften einiger Migranten,die nicht gerade motiviert sind, sich zu integrieren.

Welche Vorschläge haben Sie persönlich, um hier eine Integration zu erreichen ?

Christian Meyer: Fremd in einer Gesellschaft zu sein ist nicht leicht.

Viele ausländische Mitbürger sind froh, wenn sie auf Leute treffen, die dieselbe Sprache sprechen oder einen ähnlichen kulturellen Hintergrund haben. Das gibt Sicherheit. Damit dies nicht zum Abschotten führt, braucht es Offenheit und Toleranz auf allen Seiten.

Und natürlich eine kluge Integrationsarbeit, die die Betroffenen ernst nimmt – auch in ihrem Anderssein.

Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass beispielsweise ein Iraker, der seit zwei Jahrzehnten in Deutschland lebt, zu einem gerade angekommenen Landsmann einen schnelleren Draht findet und diesen für den Neuankömmling auch weiter zu uns Deutschen spinnen kann.

Annette Köppinger, die städtische Integrationsbeauftragte, und ihre Mitstreiter, die einen guten Job machen, sind so gesehen auf die Mitarbeit von uns allen angewiesen.

Schwerin-News: Ein Vorwurf nicht gerade weltoffener Schweriner ist, dass schon zu viele “Ausländer” in der Stadt leben … Ist die Zahl tatsächlich “so” hoch ?

Christian Meyer: Nein. Jeder ausländische Mitbürger, der da ist oder zu uns kommt, kann unsere Stadt aber bereichern.
Er hat sich natürlich wie jeder von uns an gesellschaftliche Spielregeln zu halten.

Zugleich sollten wir neuen Mitbürgern unvoreingenommen begegnen. Ingesamt leben in Schwerin 4003 Ausländer aus zirka 70 Staaten. Herkunftsstaaten in Rangliste sind: Ukraine, Russische Förderation, Vietnam, Irak, Republik Moldau, Armenien, Aserbeidschan und Kasachstan.

Schwerin-News: Im Sport, ob z.B. im Fußball, im Turnen, im Boxsport, im Eiskunstlaufen, in der Leichtathletik, holen eingebürgerte Migranten Titel und Medaillen für Deutschland.

Hier sind die Migranten willkommen. Aber im alltäglichen Leben sind diese – bei nicht wenigen Deutschen – lästig.

Hat die deutsche Gesellschaft hier eine “Doppel-Moral” …

Christian Meyer: Wer selbstbewusst ist, wer eine gesunde Einstellung zu seiner nationalen Identität hat, für den dürfte kein Fremder eine Bedrohung oder eine Last sein.

Die Fußball-WM 2006 hat gezeigt, wie gastfreundlich wir Deutschen sein können.

Interkulturelle WocheBei Hansa Rostock ist Stürmer Victor Agali die neue Hoffnung. Tausende werden dem Nigerianer bei seinem ersten Spiel zujubeln.

Schwerin-News: Was muss sich in Schwerin entscheidend ändern, damit die Landeshauptstadt tatsächlich tolerant, aufgeschlossen und weltoffen wird ?

Oder sind die meisten Schweriner – nach Ihrer Meinung – bereits weltoffen genug …

Christian Meyer: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Mehrheit der Schweriner tolerant und weltoffen ist.

Das Engagement zahlloser Bürger und die klare Haltung der Öffentlichkeit zum geplanten und dann verbotenen NPD-Aufmarsch Anfang Juni hat dies eindrucksvoll bewiesen.

Die Fragen stellte: Marko Michels.

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Exkurs: Der Integrations-Workshop 2007 in Schwerin
“Integration als demokratischer Prozess – vom ICH zum WIR”

Im Frühjahr fand ein Workshop zum Thema „ Integration als demokratischer Prozess – vom ICH zum WIR“ im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin statt.

Aktueller Anlass war damals die Fortschreibung der Integrationsarbeit, insbesondere die Arbeit der Migrantenvereine. Acht Vereine, die von Migranten geleitet werden, sind in Schwerin und Umgebung zum größten Teil ehrenamtlich aktiv.

Die Hauptaufgabe der Integrationsarbeit beschrieb die Beauftragte für die Integration der Zuwanderer und für Ausländerangelegenheiten der Stadt Schwerin, Annette Köppinger, wie folgt:

Interkulturelle Woche„Um Migranten gesellschaftlich zu fordern und einzubinden und so Partizipation zu fördern, ist die Entwicklung einer Plattform von Migranten innerhalb des Netzwerkes Migration  ein notwendiger Schritt.”

Das NETZWERK MIGRATION in Schwerin

Das Netzwerk Migration wurde im August 2003 in Schwerin gegründet. Es hat rund 50 Mitglieder, welche aus unterschiedlichsten Institutionen kommen, und arbeitet an fünf Arbeitstischen zu verschiedenen Themen. Alle zwei Jahre wird ein Sprecherrat mit sieben Mitgliedern gewählt, der das Netzwerk nach außen vertritt. Die Leitung obliegt der Beauftragten für die Integration der Zuwanderer und Ausländerangelegenheiten.

In Schwerin leben rund 4.300 ausländische Staatsangehörige und etwa 1.600 Spätaussiedler (Stand 31.12.2006).

Rund 700 Menschen mit  Migrations-Hintergrund wurden in den letzten Jahren eingebürgert oder haben die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben.

M.M./PM

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Annette Köppinger, Beauftragte für die Integration der Zuwanderer und Ausländerangelegenheiten der Stadt Schwerin

Anschrift: Am Packhof 2-6, 19053 Schwerin

Telefon: 0385 545-2211

Sprechzeiten: montags-08:00 – 16:00 Uhr, dienstags-08:00 – 18:00 Uhr, mittwochs-08:00 – 13:00, donnerstags-08:00 – 18:00 Uhr, freitags-08:00 – 13:00 Uhr

Schwerpunkte ihrer Tätigkeit

> Beratungsaufgaben
Die Beratung für Migranten ist in der Landeshauptstadt Schwerin vernetzt. Eine Vereinbarung der Stadtverwaltung Schwerin mit dem Verbundprojekt „Migrationsberatung“ verpflichtet beide Vertragspartner zur Zusammenarbeit.

> Integration von Migranten
Deutschland ist seit jeher ein Land gewesen, das Einwanderer angezogen hat. Dies wird auch so in der Zukunft sein – vielleicht sogar noch in einem stärkeren Maße. Neu ist heute an den Migrationsbewegungen, dass sie aus den unterschiedlichsten Kulturräumen erfolgen – und oft ohne festes Ziel. (Quelle: BMI)

> Netzwerk
Im Netzwerk Migration soll die kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Trägern, Institutionen, Gremien, Stadtvertretung (Ausschüssen) sowie Organisationen von Spätaussiedlern und Ausländern, die Migrationsarbeit leisten, stattfinden.

PM SN

Fotos: Michels (3), Stadt Schwerin (1), Archiv M.M. (1)

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