Stadtwirtschaftliche Dienstleistungen Schwerin zum Thema Altpapierentsorgung

Warum das Thema Altpapierentsorgung nicht so einfach ist, wie es scheint – Wahrheiten und Halbwahrheiten

Schwerin Die Diskussion um die Entsorgung von Altpapier in Schweriner Stadtgebiet hat in den vergangenen Wochen die Bürger bewegt. Private Anbieter wollen auf diesem scheinbar lukrativen Markt mitmischen und mit diesem Rohstoff Geld verdienen. Doch das nicht alles Gold ist, was glänzt, wird erst auf dem zweiten Blick klar. Die SDS bringt Licht in den Papierdschungel.

,Zuallererst muss man die Schweriner loben“, sagt Hugo Klöbzig, Chef der zuständigen Stadtwirtschaftlichen Dienstleistungen. ,Die Sammlung von Wertstoffen klappt reibungslos, die Sammelplätze werden gut angenommen, Klagen sind selten.“ Doch beim Thema Altpapier klingt es zu schön, um wahr zu sein. Ein privater Anbieter stellt eine blaue Tonne vor die Haustür, der Bewohner schmeißt sein Altpapier hinein, die Tonnen werden geleert. Und das ganze kostet keinen Pfennig sondern bringt bestenfalls noch eine Rückerstattung. ,Ein großer Irrtum,“ stellt Hugo Klöbzig, fest. Gleichzeitig erklärt er, was es mit der Papierentsorgung tatsächlich auf sich hat.

Mit der Entsorgung von Altpapier lässt sich richtig Geld verdienen
Dies ist nur ein Teil der Wahrheit. Zurzeit sind die Erlöse tatsächlich höher als die Kosten. Bis vor acht Monaten war das aber noch anders. Und damals hat sich kein Privater für die Entsorgung interessiert. Wenn z. B. in einem Jahr die derzeit hohe Nachfrage nach Altpapier wieder abflacht, werden sich private Anbieter zurückziehen – oder die Entsorgung kostet Geld.

Niemand ist verpflichtet, Altpapier zu entsorgen
Falsch! Die Entsorgung von Altpapier ist – genau wie die Entsorgung von Hausmüll oder Altglas, eine Aufgabe, zu der die Kommunen verpflichtet sind. Egal wie sich die Papierpreise entwickeln, SDS und die Schweriner Abgallentsorgung (SAS) müssen immer dafür sorgen, dass alle die Möglichkeit haben, ihr Altpapier über Container zu entsorgen. Und das tun sie seit Jahren zuverlässig.

Private Anbieter verdienen mit Altpapier Geld, kommunale nicht
Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Auch die SDS freut sich über eine positive Entwicklung auf dem Altpapiermarkt. Wichtig ist jedoch, dass nicht nur Papier, sondern auch Hausmüll, Altglas, Sperrmüll, Schadstoffe etc. entsorgt werden (müssen). Und hier werden keine schwarzen Zahlen geschrieben. Nach Maßgabe einer Mischkalkulation werden daher Gewinne mit Verlusten verrechnet. Für die Schweriner bleiben unterm Strich Müllgebühren, die in MV zu den niedrigsten zählen und seit Jahren (fast) konstant geblieben sind.

Viele Bürger müssen weite Wege zum nächsten Altpapiercontainer gehen
Das ist ebenfalls nicht korrekt. In Schwerin gibt es derzeit 160 Sammelplätze, an denen, neben Altglas, eben auch Altpapier entsorgt werden kann. Die Stellplätze sind so gewählt, dass die Wege für alle Bewohner akzeptabel sind. Einziges Problem: Bei der Schaffung neuer Plätze, z. B. in der Gartenstadt ist es schwierig, Stellplätze zu finden, ohne auf Widestand zu treffen. Frei nach dem Motto: ,Sammelplatz, gerne, aber nicht vor meiner Haustür`.

Auch die SDS könnte blaue Tonnen verteilen
Das ist theoretisch richtig, wäre aber äußerst fahrlässig. Die Einzelleistungen der Wertstoffentsorgung werden in zeitlichen Abständen neu vergeben, generell könnte damit jeder Anbieter eine entsprechende Tonne bereitstellen. Doch eine Tonnenvielfalt in grau, braun, gelb und blau ist für die Grundstückseigentümer besonders in der City nicht vorteilhaft. Also müssten die aus den Wohngebieten abgefahren, gleichzeitig aber auch alle bestehenden Sammelplätze im Innenstadtbereich bewirtschaftet werden, schließlich wird dort weiterhin Altglas und andere Wertstoffe entsorgt. Außerdem hat die SDS langfristig im Sinne der Bürger zu denken. Sinken beispielsweise die Papierpreise wieder, würde die blaue Tonne des privaten Entsorgers unattraktiv und die Abfallgebühren schlimmstenfalls steigen.

Jeder Bürger kann eine blaue Tonne für Altpapier bestellen
Stimmt nicht. Gerade in der Innenstadt ist das nicht möglich. Denn oftmals müssten die blauen Tonnen zur Entsorgung aus dem Hinterhof durch das Treppenhaus auf die Straße gebracht werden. Da dies durch private Anbieter nicht gemacht wird (zu kompliziert, langwierig und teuer), bieten sie dort keine blauen Tonnen an. Wie schon angeführt muss aber auch in diesen Stadtteilen die Entsorgung gewährleistet werden. Bleibt nur der Sammelplatz der von der SDS betrieben wird und der für private Anbieter nicht interessant ist.

Wer eine blaue Tonne bestellt, macht sich strafbar
Stimmt so nicht. Momentan wird das Aufstellen weiterer blauer Tonnen durch private Anbieter von der Stadtverwaltung Einhalt geboten. Hintergrund: Mit der Begründung, die „allgemeine Versorgungssicherheit“ weiterhin gewährleistet zu sehen, hat die SDS eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirkt. Halten sich die Anbieter nicht daran, müssen sie möglicherweise mit hohen Bußgeldern rechnen.

Altpapier ist gleich Altpapier
Ein Punkt, bei dem der Faktor ,Umweltsünder“ ins Spiel kommt. Da eine blaue Tonne direkt einem Haushalt zuzuordnen ist, wird sich der Bewohner auch ,sauber“ verhalten und nur Altpapier auf diesem Weg entsorgen. Anders bei den Sammelplätzen. Die dort herrschende Anonymität führt dazu, dass sich in den Container immer auch Säcke mit Hausmüll vorfinden, die das gesamte Papier verdrecken und die eine Trennung von Hand notwendig machen. Das kostet wiederum Geld. Auf die Sammelplätze kann aber, wie oben bereits angesprochen, nicht verzichtet werden.

Fazit: Die Altpapierentsorgung ist auf keinen Fall als Einzelthema zu betrachten. Sie ist Bestandeil der gesamten Müllentsorgung in der Stadt, sie ist Pflichtaufgabe der Kommunen und Gewinne kommen über niedrige Abfallgebühren allen Bürgern zugute.

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