Nachgefragt bei Thomas Otter vom Mega Movies Schwerin
Kinos und Lichtspieltheater haben in Mecklenburg-Vorpommern und speziell in Schwerin bereits eine mehr als 100-jährige Tradition. Dennoch sind bis heute etliche Veränderungen vonstatten gegangen. Wie es um die aktuelle cineastische Entwicklung steht, dazu haben wir bei Thomas Otter, Betreiber des Mega Movies Schwerin, nachgefragt.
„Durch die allgemeine, auch demographische Entwicklung geprägt…“
Frage: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Schweriner Kinos in der jüngsten Vergangenheit?
Thomas Otter: Im Jahr 1993 habe ich die Leitung der Schweriner Kinos übernommen. Seitdem hat sich viel verändert. Eines aber gibt es seit dieser Zeit in jedem Jahr, das FilmKunstFest. Zuerst fand es nur im Capitol statt, dann im Mega Movies und seit einigen Jahren findet es wieder ausschließlich im Capitol statt. Bis 2005 gingen Capitol und Mega Movies gemeinsame Wege, was auch die Möglichkeit einer größeren Programmvielfalt mit sich brachte. Seit zehn Jahren firmieren die Kinos in Schwerin neu, sozusagen als Konkurrenz. So orientiert sich das Programm weniger am kulturellen Anspruch als an wirtschaftlichen Zielen. Man versucht in erster Linie, das zu präsentieren, was der Zuschauer sehen möchte, leider eben dann auch an beiden Kino-Standorten mit fast identischem Programm.
Frage: Wie ist der Zuspruch zu den Filmen und Veranstaltungen? Es gab ja nach 1990 auch einige Flaute-Jahre.
Thomas Otter: Wie in anderen Bereichen gab es in den letzten 25 Jahren auch in der Kino-Entwicklung „ein Auf und Ab“ bei den Besucherzahlen.
Mitte der 1990er Jahre erfolgte durch die Eröffnung neuer Multiplexkinos ein Boom bei den Zuschauerzahlen. Später waren die Zahlen wieder rückläufig. Neue Innovationen, wie das digitale Kino, 3D-Vorführungen und die Übertragung von sogenannten alternativen Contents, brachten dann wieder neue Zuschauer ins Kino. Grundsätzlich sind die Besucherzahlen relativ stabil, werden aber, besonders in unserer Region, in Schwerin, durch die Demographie beeinflusst.
Frage: Und die Entwicklung in M-V?
Thomas Otter: Dieses gilt grundsätzlich auch für die Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. Wie überall in Deutschland ist auch das Kino durch die allgemeine Entwicklung geprägt. So war ich, als ich 1990 meine Arbeit im Kino begann, noch stundenlang auf den Straßen unseres Bundeslandes unterwegs, um die vielen Kino-Standorte zu betreuen. Diese Vielzahl an Kino-Standorten gibt es inzwischen nicht mehr. In den größeren Städten entstanden Multiplex-Kinos, kleinere Standorte wurden größtenteils geschlossen. Einzelne Kino-Enthusiasten erhielten Filmtheater auch an kleineren Standorten. Viele von ihnen mussten aber im Zuge der Digitalisierung aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben.
Letzte Frage: Welche besonderen Highlights bietet das Mega Movies in den kommenden Wochen?
Thomas Otter: Zum Jahresende wird es auch im Mega Movies noch einige Höhepunkte geben. So startet am 17. Dezember „Star Wars – Das Erwachen der Macht“, auf den schon viele sehnsüchtig warten. Für die Kinder wird es noch Filme wie „Heidi“, „Der kleine Prinz“ und „Die Peanuts“ geben. Als Kontrast werden „Ich bin dann mal weg“ und die Aufführung des Balletts „Der Nussknacker“ am 26. Dezember gezeigt.
Vielen Dank
Die Fragen stellte Marko Michels
Wissenswertes:
MV und die Kino-Entwicklung – das ist schon eine Erfolgsgeschichte: In Schwerin eröffnete, beispielsweise, das Lichtspieltheater „Capitol“ 1936. Vorher war dort dessen “Keimzelle”, die “Tonhalle” – damals eine etablierte kulturelle Einrichtung der mecklenburgischen Landesmetropole. Bereits 24 Jahre vor der „Capitol“-Eröffnung, im Jahr 1912, fand in der mecklenburgischen „Landesmetropole“ bereits das „Kinematografische Theater“ (später „Apollo-Lichtspiele“, seit 1929 „Schauburg“) interessierte Besucher. Und auch nach der „Wende“ war Schwerin eine innovative „Kino-Stadt“. Im Jahr 1995 wurde in der Landeshauptstadt mit dem Mega Movies am Bleicherufer das erste Multiplex-Kino in M-V eröffnet. Und das Filmkunstfest mit dem Hauptspielort „Capitol“ feierte in diesem Jahr bereits seine 25. Auflage.
Aber nicht nur in Schwerin sondern auch in den Hansestädten Rostock, Greifswald und Wismar wurde stets „großes Kino“ geboten. Im Oktober 1908 gab es in Greifswald die erste Kino-Einrichtung. In Rostock eröffnete 1938 das Lichtspielhaus in der Breiten Straße, das heutige Rostocker „Capitol“. Nach einem Umbau 1999 bietet es 900 Sitzplätze für Kino-Interessierte.
Und Wismar, heutiger Sitz des Filmbüros M-V, gab es von 1911 bis 1913 im heute nicht mehr existierenden Gebäude “Hinter dem Rathaus 13″ den “alten Weltspiegel”. Kurze Zeit später zog das Kino dann einige Meter weiter um, in die damalige Altwismarstrasse 21. Dieses Gebäude mit einem Jugendstilgiebel wurde der neue “Weltspiegel”, der offiziell ab 1914 – erste Filmvorführungen erfolgten schon 1913 – bis 1995 als Lichtspieltheater bzw. Kino genutzt wurde. 1921/22 wurden übrigens Teile des legendären Films „Nosferatu – Sinfonie des Grauens“ (Regie: Friedrich Wilhelm Murnau) in Wismar gedreht. Diese cineastische Wismarer Entwicklung wurde nach der Wende 1989/90 fortgesetzt. Seit 2007 wird regelmäßig das Filmfest in Wismar, das an die Tradition der Dokumentarfilmwerkstatt “Drehort OstWestDeutschland” anknüpft, veranstaltet.
Weitere Filmfeste in M-V sind z.B. die Klein Jasedower Filmtage, das Darßer Naturfilmfestival, “FiSH”, das Festival im Stadthafen Rostock, das Neubrandenburger Filmfestival „dokumentART“ oder das Festival “der NEUE HEIMAT film” in Burg Klempenow.
mm