„Der Bassist von der Baustelle !“

Sänger, Entertainer und Autor Gunther Emmerlich las bzw. liest in Wismar und Schwerin …

G.EmmerlichDen Milchmann „Tevje“ aus „Anatevka“, den glänzenden Entertainer aus besten „Ein Kessel Buntes“-Zeiten, den charmanten „Showkoladen“-Talkmaster und den den Buch-Autor mit dem Faible für interessante und humorvolle Geschichten – alle diese Rollen und Talente verkörperte Gunther Emmerlich am gestrigen Abend bei seiner Lesung im Bürgerschaftssaal des Wismarer Rathauses.

… Ein Mann mit vielen Facetten, aber vor allem mit einem natürlichen, geradlinigen Auftreten !

Mit musikalischer Begleitung führte er durch eine unterhaltsame, kulturelle „Nacht“ in der Hansestadt, die bereits morgen, am 19.Oktober um 19.30 Uhr im Schweriner Kino CAPITOL, in ähnlicher Form ihre Fortsetzung finden wird.

G.Emmerlich mit gesanglicher Gunther Emmerlich, Jahrgang 1944, der in Erfurt ein „handfestes Studium“ als Bau-Ingenieur erfolgreich abschloss, wurde 1972 vom Nachwuchsstudio der Dresdner Oper engagiert und später in deren Ensemble übernommen.

Doch nicht nur beruflich war der Leben des Gunther Emmerlich von „Brüchen“, „Wechselbädern der Gefühle“ und einem „Auf sowie Ab“, verbunden mit großen Hoffnungen und auch enormen Existenzängsten, gekennzeichnet.

In seiner Sammlung aus 29 Lebensgeschichten, veröffentlicht unter dem Titel „Ich wollte mich mal ausrden lassen“, berichtet er über persönliche Schicksalsschläge ebenso offen und „lebendig“ wie über seine Probleme mit der DDR-Obrigkeit oder über seine verflossenen wie „heißen“ Liebesbeziehungen.

Eine Autobiographie soll das vorliegende Buch dann aber (noch) nicht sein.
„Nachdem ich festgestellt habe, dass bereits 17jährige Super-Stars ihre Autobiographie schrieben, habe ich auf ein autobiographisches Werk verzichtet. Das vorliegende Buch ist eine Auswahl von Geschichten aus meinem Leben.“, skizziert Emmerlich den „Charakter“ seines Buches.

G.Emmerlich mit Klavierbegleitung (hier in Wismar)Während er als Autor damit „Neuland“ betritt, als Bau-Ingenieur mit der eigenhändigen Renovierung seiner Jugendstilvilla in Dresden die handwerkliche Reife bewies, ist Emmerlich seinen Fans jedoch vor allem als Sänger und Entertainer ein „Begriff“.

„Gerade beschrieb mich jemand als berühmten Tenor und da ich nicht noch als `Sopranist` enden will, sage ich es noch einmal ganz deutlich: Ich bin Bassist !“, leitete Emmerlich gekonnt humorvoll den Wismarer Lese-Abend ein.

Doch Emmerlich ist nicht nur der ewig gut gelaunte Entertainer.
Früh verlor er seinn Vater, den er nie kennen lernte, im Krieg. Seine Mutter starb als er 12 war. Aufgezogen wurde er praktisch von seiner älteren Schwester.

Doch trotz der harten Schicksalsschläge blieb er stets ein Kämpfer mit festen Zielen. Ein Kämpfer auch, der sich nie „verbiegen“ ließ.

Seine Fähigkeit zu aufmüpfigen, politischen Randbemerkungen in seinen Sendungen vor der Wende im DDR-Fernsehen ließen ihn bei den SED-Kultur-Funktionären oft „anecken“.

Wegen „staatsfeindlicher Betrachtungen“ mußte er sogar zeitweise regionale Auftrittsverbote hinnehmen. Dass es für ihn nicht schlimmere Konsequenzen hatte, verdankte Gunther Emmerlich seiner großen Popularität (nicht nur) bei den Zuschauern zwischen Ostseeküste und Sächsischer Schweiz.

Begehrtes AutogrammDie Zuschauer des DDR-Fernsehens wählten ihn zum Fernseh-Liebling 1988 – sehr zum Argwohn der  „SEDisten“.
Auch nach der Wende blieb Emmerlich als Künstler und Entertainer gefragt.

Der „Bambi“ 1990 oder das „Bundesverdienstkreuz“ 2007 beweisen: Der gebürtige Thüringer mit seinen zahllosen Auftritten auf allen Kontinenten ist im vereinten Deutschland angekommen.

Angekommen in M-V ist er aber bereits seit den 1960ern: „Zunächst entdeckte ich den Ostteil des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns, Usedom und Rügen. Eine eher zufällige Fahrt führte mich zur Halbinsel Darß-Zingst, denn ich wollte den westlichen Teil Mecklenburgs erkunden. Es war 1975. Meine erste Ehe ging gerade in die Brüche, die Zylinder-Dichtung meines damaligen `Wartburg` ebenfalls. Ich kam noch bis Ahrenshoop – und es war die berühmte   `Liebe auf dem ersten Blick`. Seither bin ich jedes Jahr dort – einfach herrlich. Der Ort ist nach 1990 noch schöner geworden !“., schwärmt Emmerlich vom Urlaubsland M-V.

Im Gespräch mit den FansWoher er seine humorvollen Einlagen in den Sendungen vor 1990 im DDR-Fernsehen nahm ?!
„In einer Diktatur liegen die Pointen auf der Straße. Man muß nur aufpassen, dass man beim Bücken danach nicht in den A … getreten wird !“, verriet er sein damaliges Erfolgsrezept.

Gunther Emmerlich, in seiner Geschichten-Sammlung blickt er zurück und weist doch – auf amüsante Weise – nach vorn.

Nur eines dürfte dem seit dem WM-Finale von 1954 zwischen Deutschland und Ungarn überzeugten Fußball-Fan an diesem Wismarer Abend nicht gefallen haben: Die deutsche Fußball-Auswahl unterlag in ihrem EM-Qualifikationsspiel zu Hause gegen Tschechien klar mit 0:3.

G.Emmerlich signiert sein Buch für die Wismarer LeserAber die Lesung von und mit Gunther Emmerlich war ein voller Erfolg – und mehr als eine Entschädigung !
M.Michels

Aufnahmen: Michels (5), Agentur (1)

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