Armenische Familie soll Schwerin verlassen …
Tja, wenn es um vermeintliche „Minderheiten“ geht, ist die deutsche Gesellschaft, angeblich sehr demokratisch, seit Jahrzehnten in einer gewissen Tradition – ziemlich unerbittlich.
Politikerinnen und Politiker, die sich sehr gern als tolerant, verständnisvoll, weltoffen und empathisch outen, sind auf einmal ganz kleinlaut, ganz ruhig und verstecken sich hinter „Paragraphen-Reiterei“.
So oder so ähnlich ist es bei der Diskussion um die Integration von gesundheitlich beeinträchtigen Menschen, bei der Hilfe für Opfer von nationalsozialistischer oder kommunistischer Gewaltherrschaft, bei der Unterstützung der „Zukunftsinvestition Kind“ oder auch beim Engagement für Migranten bzw. Flüchtlinge.
Nun soll eine Familie aus Armenien, die mittlerweile seit einem Jahrzehnt in Schwerin lebt, abgeschoben werden. Die beiden heranwachsenden Kinder, 17 und 18 Jahre alt, sind inzwischen fest in der Landeshauptstadt M-V verwurzelt, die beiden jüngeren natürlich um so mehr. Nun gehört die Familie leider auch in Armenien zu einer nicht erwünschten Minderheit – zur kurdischen Minderheit der Jesiden (Schwerin-News berichtete).
In Armenien unerwünscht – in Deutschland, in Schwerin, ebenso …
Plötzlich sind die politisch korrekten Freundinnen und Freunde einer weltoffenen Stadt sehr stumm geworden, keine „Endstationen“ werden aktiviert, keine Demos organisiert, keine lautstarken Reden gehalten.
Als Annette Köppinger, die leidenschaftliche und unermüdliche Schweriner Integrationsbeauftragte im Dezember 2007 starb, die Weltoffenheit und Toleranz nicht nur verbal, sondern auch real (vor-)lebte, wollten alle Mandatsträger das Andenken Annette Köppingers in Ehren halten.
Jetzt fast anderthalb Jahre nach ihrem Tod – sieht so ein „lebendiges Andenken“ aus ?!
Ich knüpfe nun an das Zitat von Willy Brandt innerhalb meines Beitrages zu den Äußerungen Erwin Sellerings hinsichtlich der DDR-Vergangenheit, hier bei Schwerin-News am 26.März, an: „Wo immer schweres Leid über die Menschen gebracht wird, geht es uns alle an. Vergessen wir nie: Wer Unrecht lange gewähren lässt, bahnt dem nächsten den Weg.“
Viele Würdenträger berufen sich gern mit schneidigen Worten auf das Erbe Willy Brandts. Nur hat es den Anschein, wenn es darum geht, die Worte Brandts in die Tat umzusetzen, ist man das, zu denen man wohl gehört – ein Apparatschik.
Mit der BUGA will sich Schwerin ab 23.April als weltoffene Stadt vielen weltgewandten Gästen präsentieren. Es wäre schön, wenn das auch im „Alltag“ passieren würde – im Hinblick auf gesundheitlich Beeinträchtige, Stasi-Opfer oder speziell die junge Familie aus Armenien !
M.Michels
F.: mm