Von Hofdamen, Frauenarbeit und Brauern – Vorträge bieten wieder abwechslungsreiche Themen
Auch 2009 geht es, mittlerweile im 16. Jahr, weiter mit der Vortragsreihe der Historischen Abende des Stadtgeschichts- und ?museumsvereins Schwerin e.V. zur Geschichte Schwerins und Mecklenburgs.
Den Auftakt macht am 27. Januar 2009 im Haus der IHK an der Ecke Schloßstrasse und Puschkinstrasse Christine Rehberg-Credé, pro historia (Büro für Stadt- und Regionalgeschichtsforschung). Unter dem Titel »Es wird mir eine unauslöschliche Erinnerung bleiben!« Anna von der Schulenburg über ihre Zeit als Hofdame bei Großherzogin Anastasia stellt die Referentin eine ungedruckte Quelle aus dem Stadtarchiv Schwerin vor.
Anna von Rochow, geboren 1855, entstammte einer der ältesten märkischen Adelsfamilien und heiratete den mecklenburgischen Hofmarschall Dietrich von der Schulenburg. Als dieser 1902 starb, hinterließ er seine Witwe im Alter von 47 Jahren. Abstand von ihren trüben Erinnerungen suchend, kam Anna gern der Aufforderung nach, die Großherzogin Anastasia, Witwe des Großherzogs Friedrich Franz III., eine zeitlang als Hofdame zu begleiten. Dies bedeutete auch eine längere Abwesenheit von Schwerin, denn Anastasia, in Schwerin sehr unbeliebt, zog es vor, an der Côte d’Azur, in Sankt Petersburg, Paris oder London zu leben. Im Februar 1903 begann Anna von der Schulenburg ihren Hofdamendienst in der Villa Wenden in Cannes. Bis zum Frühjahr hielt man sich im Süden auf, kehrte für kurze Zeit nach Gelbensande zurück, und begab sich schließlich nach Michailowskoie in Russland, dem Sommerpalais von Anastasias Vater, Großfürst Michael Nikolajewitsch von Russland. Anna erweist sich als gute Beobachterin der für sie – wie sie immer wieder betont – höchst interessanten Zeit so nahe bei „den Fürstlichkeiten“. So unauslöschlich waren ihr diese Erinnerungen, dass sie sie später niederschrieb und uns damit eine sehr detaillierte Schilderung der Ereignisse des Jahres 1903 hinterließ. Glücklicherweise wurden diese handschriftlichen Erinnerungen nach dem Tode Anna von der Schulenburgs im Jahr 1928 aufbewahrt und kamen 2007 im Rahmen einer Nachlassübergabe ins Schweriner Stadtarchiv.
Im Februarvortrag am Dienstag, den 24.2., 19 Uhr, IHK-Gebäude, steht zwar die gleiche Epoche im Mittelpunkt, aber thematisch geht es in der mecklenburgischen Gesellschaft des Kaiserreichs von ganz oben in die unteren Schichten. Norbert Credé, Mecklenburgisches Volkskundemuseum, wird sich in seinem Vortrag unter dem Titel »Das Vaterland braucht Eure Kraft« mit Frauenarbeit im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin im 19. und 20. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkriegs beschäftigen. Im Zusammenhang mit den Forschungen zur Ausstellung »Mecklenburg und der Erste Weltkrieg«, aus dem bereits der Vortrag über das Artilleriedepot Holthusen im vergangenen Jahr resultierte, hat er sich nun näher mit dem Einsatz von Frauen in der mecklenburgischen Rüstungsindustrie befasst. Dabei wird er beleuchten, dass die Arbeit von Frauen in der Industrie auch in Mecklenburg-Schwerin kein Phänomen des Krieges war, sondern bereits im 19. Jahrhundert in manchen sozialen Schichten üblich und notwendig war.
Zugleich stellt sich die Frage nach der Bedeutung der massenhaften Fabrikarbeit von Frauen im Ersten Weltkrieg nach der Emanzipation der Frau in Deutschland, wobei in der neueren sozialgeschichtlichen Forschung die eben deswegen angenommene Wirkung des Ersten Weltkriegs als emanzipationsfördernd mehr und mehr in Frage gestellt wird. Gerade das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, das durch seine besondere politische und wirtschaftliche Situation im Kaiserreich einen reizvollen Untersuchungsgegenstand darstellt, können wichtige Aspekte exemplarisch beleuchtet werden.
Am 31. März 2009, wie gewohnt um 19 Uhr im Haus der IHK, hat der Stadtgeschichts- und ?museumsverein wieder Bernd Neubeck zu Gast, der wie schon im Vorjahr ein besonderes Kapitel seiner Familiengeschichte vorstellen möchte.
Hinter dem geheimnisvollen Titel »Puschkinstraße 20: Zur Geschichte eines über 300jährigen Hauses und seiner Bewohner« verbirgt sich ein spannendes Kapitel Stadtgeschichte, hier erzählt anhand der Geschichte eines Hauses. Jeder Schweriner kennt dieses Haus in der Puschkinstraße, das zu den ältesten Gebäuden der Schelfstadt zählt, doch leider seit Jahren vor sich hin rottet. Ältere verbinden damit noch die im Erdgeschoss untergebrachte Bäckerei, andere erinnert das Haus an die Brauerei Havemann, die hier ihr Domizil hatte oder die Galvanik und ihre Werkstätten im Hof. Was dieses alles auch mit seiner Familie zu tun hat, darüber möchte Neubeck in seinem reich illustrierten Vortrag berichten. Im Mittelpunkt seines Vortrags steht dabei nicht die Baugeschichte, sondern die Geschichte der Bewohner des Hauses, soweit sich dies anhand der Quellen und Erinnerungen zurückverfolgen ließ.
Das abwechslungsreiche Vortragsprogramm im Überblick:
Dienstag, 27. Januar 2009, IHK zu Schwerin, Schloßstraße 17
Christine Rehberg-Credé, pro historia Schwerin
»Es wird mir eine unauslöschliche Erinnerung bleiben! «
Anna von der Schulenburg über ihre Zeit als Hofdame bei Großherzogin Anastasia.
Eine ungedruckte Quelle im Stadtarchiv Schwerin.
Dienstag, 24. Februar 2009, IHK zu Schwerin, Schloßstraße 17
Norbert Credé, Meckl. Volkskundemuseum
»Das Vaterland braucht Eure Kraft«.
Weibliche Erwerbsarbeit im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin im 19. Jahrhundert und im Ersten Weltkrieg.
Dienstag, 31. März 2009, IHK zu Schwerin, Schloßstraße 17
Bernd Neubeck, Hamburg
Puschkinstraße 20: Zur Geschichte eines über 300jährigen Hauses und seiner Bewohner.
Norbert Credé
Stadtgeschichts- und -museumesverein Schwerin e.V.
Schleifmühlenweg 1
19061 Schwerin
Tel.: 0385-2084128