Die Schweriner Selbsthilfegruppe Poliomyelitis warnt
Schwerin. Am 28. Februar 2011 wird wieder der Tag der seltenen Erkrankungen begangen. Eine dieser seltenen Krankheiten ist die Poliomyelitis, im Volksmund auch spinale Kinderlähmung genannt. Die ansteckende Viruserkrankung war in der westlichen Welt bis in die frühen 60er Jahre des 20. Jahrhunderts sehr verbreitet. Es gab auch in Deutschland z. B. 1952/53 über 15.000 gemeldete Lähmungsfälle. Knapp 9.000 Fälle zählten die alten Bundesländer 1960/61 vor dem Beginn der Immunisierung, während es in der ehemaligen DDR dank der frühzeitigen Impfaktion in dieser Zeit nur 130 Fälle gab.
Poliomyelitis kann die muskelsteuernden Nervenzellen des Rückenmarks und das Hirn befallen und zu bleibenden Lähmungserscheinungen bis hin zum Tod führen. Bis zu 85 Prozent der ehemals Polio-Erkrankten, deren Kondition scheinbar stabil geblieben war, leiden unter Spätfolgen, dem sogenannten Post-Polio-Syndrom (PPS). Dabei tritt im Tagesverlauf eine ungewöhnlich schnelle Erschöpfung ein, die oft nicht mit körperlichen Anstrengungen zu erklären ist. Viele berichten von Schmerzen in Muskulatur und Gelenken. Die meisten Polio-Geschädigten haben eine Kälteintoleranz. Es gibt aber auch Probleme mit der Atmung, dem Schlucken und dem Sprechen.
Auch wenn die Entstehung des PPS bisher nicht vollständig geklärt ist, kann als gesichert gelten, dass eine chronische Überlastung des vorgeschädigten, neuromuskulären Funktionssystems eine wichtige Rolle spielt. In der Konsequenz steht ein Vermeiden weiterer Überlastung und angepasste physikalische Therapie im Mittelpunkt der therapeutischen Bemühungen.
Im vergangenen Jahr traten erstmals wieder Polio-Fälle in der WHO-Region Europa auf. Durch aus Indien eingeschleppte Wildtyp-Polioviren kam es in Tadschikistan zu einem großen Polioausbruch. Das Virus wurde nachfolgend in die Russische Förderation, nach Kasachstan und Turkmenistan verschleppt. Laut Epidemiologischem Bulletin des Robert-Koch-Institutes wurden insgesamt bei der WHO 475 Fälle registriert, davon 19 Todesfälle. Nationale Impfkampagnen haben dazu beigetragen, dass seit Anfang Juli in dieser Region keine Neuerkrankungen gemeldet wurden. Doch auch im Kongo brach im vergangenen Herbst eine Polio-Epidemie aus, die zu vielen Todesfällen vor allem bei Jugendlichen führte.
Poliomyelitis existiert also noch immer auf unserer Erde und kann leicht durch Reisen von einer Region zur anderen übertragen werden. Daher sollte jeder Reisende unbedingt seinen Impfstatus überprüfen und sich gegebenenfalls impfen lassen.
Eine Selbsthilfegruppe in Schwerin organisiert jeden letzten Donnerstag im Monat um 15 Uhr den regen Erfahrungsaustausch zwischen den Betroffenen und ihren Angehörigen. Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen tragen dazu bei, sich auf ein Leben mit den Spätfolgen der Kinderlähmung besser einstellen zu können.
Kontakt zur Selbsthilfegruppe erhalten Interessenten über Angelika Stoof: Tel. 0385/2015484.