Eine Nachlese zum Norddeutschen Behindertensportfest ’12 in der Landeshauptstadt MV
In vier Monaten finden die Paralympischen Spiele vom 29. August bis 9. September in London statt. Aus MV-Sicht haben sich bislang bereits die Judo-Schwestern Ramona und Carmen Brussig vom PSV Schwerin qualifiziert. Auch die Leichtathletinnen Jana Schmidt (1. LAV Rostock) und die gebürtige Schwerinerin Vanessa Low, die aus M-V stammende Fechterin Simone Briese-Betke oder die gebürtige Ueckermünderin Marianne Buggenhagen sind schon ziemlich sicher dabei.
Die Paralympics rücken immer näher, aber das traditionelle Norddeutsche Behindertensportfest in Schwerin, zu dem 2012 rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus MV, Brandenburg und Berlin in die Sport- und Kongreßhalle kamen, ist schon wieder Geschichte.
Nachgefragt bei Frau Dr. Monika Knauer (Rostock), Geschäftsführerin des Verbandes für Behinderten- und Rehasport in Mecklenburg-Vorpommern
„Der Sport mit Handicap hat in MV eine sehr gute Heimat …“
Frage: Der Sport mit Handicap erlebt zurzeit viele Highlights. Zwischen dem traditionellen Behindertensportfest in Schwerin und den Paralympics in London gibt es hochkarätige Events nonstop. Gerade in der Vergangenheit gab es ja einige paralympische Erfolge für die Athletinnen und Athleten aus MV.
Dr. Monika Knauer: In der Tat … So sprechen die Erfolge der Schweriner Judo-Schwestern Ramona und Carmen Brussig für sich. Enorm, was beide für die Akzeptanz des Sportes für Athleten mit Handicap in Mecklenburg-Vorpommern im letzten Jahrzehnt geleistet haben. Auch Jana Schmidt vom 1. LAV Rostock setzte in den vergangenen Jahren mit ihren Medaillen bei internationalen Meisterschaften immer wieder wichtige Achtungszeichen für den Sport mit Handicap.
Über die Entwicklung im Leistungssport in unserem Verband freue ich mich sehr und ich bin auch etwas stolz darauf. Bei den Paralympics 1992 gewann der Greifswalder Karl-Christian Bahls Team-Gold im Bogenschießen. Jahre später holte 2004 in Athen neben Ramona Brussig die blinde Schwimmerin Natalie Ball vier Einzelmedaillen.
In Peking 2008 waren bereits fünf Athleten am Start – die sehbehinderten Judoka Carmen und Ramona Brussig, der Ribnitzer Marcus Klemp im Rudern, Natalie Ball im Goalball sowie Jana Schmidt in der Leichtathletik. Hinzu kommen die beachtlichen Erfolge von Daniel Helmis und Marta Dausch bei Europa- und Weltmeisterschaften der Gehörlosen in der Leichathletik. Nicht zu vergessen ist die Silbermedaille von Daniel Helmis bei den Deaflympics 2009.
Von den Erfolgen unserer „auswärtigen Mecklenburger“, die für Vereine außerhalb von MV starten, wie Marianne Buggenhagen und Simone Briese-Betke ganz zu schweigen. Letztere ist in der Weltrangliste 2011 der IWAS im Rollstuhlfechten auf Platz 1 zu finden.
Frage: Welche weiteren, sehr erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler mit Handicap gibt es zudem in MV?
Dr. Monika Knauer: Weitere sehr erfolgreiche Teams und Athleten für den Sport mit Handicap in MV sind die Greifswalder Rollmöpse (Rollstuhlrugby) und die Nordling Bulls (E-Rollstuhlhockey), beide Teams spielen seit Jahren in der Bundesliga, die Rollstuhl-Tänzer aus Neubrandenburg, Christian Schad und Claudia Wulf, WM-Teilnehmer, die Rollstuhlfechter Zarife Imeri und Steffen Nordmann, EM- und WM-Teilnehmer, sowie die Nachwuchsgoalballer aus Neukloster mit ihren Erfolgen bei den Jugendweltmeisterschaften der IBSA 2007 und 2009 in Colorado Springs. Zu nennen sind auch die Rugbyspieler Christian Paschke und Kevin Krämer sowie E-Hockeyspieler Silvio Grubert, die in diesem Jahr den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft haben.
Nachwuchsreiterin Ellen Jordan wurde ebenso wie Leichtathlet Sebastian Vogt und Goalballer Benjamin Tolks in den Bundeskader berufen. Nur ein paar Beispiele von vielen!
Frage: Wie ist eigentlich die Förderung für den Sport mit Handicap hierzulande?
Dr. Monika Knauer: In den vergangenen Jahren haben wir in Zusammenarbeit mit landesweiten und regionalen Partnern ergänzende Förderstrukturen für Sporttalente und Kaderathleten mit Handicap in Schule und im Sport im Land aufbauen können.
Im Landesleistungszentrum für Sport mit Handicap im BBW Greifswald, in den Landesstützpunkten in Rostock (Fechten) und Neukloster (Goalball) sowie in den regionalen Trainingsstützpunkten werden unsere Nachwuchs- und Kaderathleten aufmerksam gefördert und betreut. Der para- und deaflympische Sport hat in M-V eine wirklich gute Heimat, landesweit und regional. Unsere Athleten werden gleichberechtigt in die Förderstrukturen des Landes und Kommunen einbezogen.
Frage: Bereits zum 21. Mal wurde das Behindertensportfest in Schwerin ausgetragen. Wie lautet Ihr Resümee für 2012?
Dr. Monika Knauer: Über die erneut zahlreichen Anmeldungen der Aktiven, haben wir uns sehr gefreut. Zeigt uns doch die Resonanz, dass das Landessportfest im Sportkalender unserer und auswärtiger Vereine eine feste Größe geworden ist.
Mit Wettkämpfen und Turnieren in acht Sportarten sowie dem Mehrkampf war das Programm inhaltlich wieder sehr vielfältig und abwechslungsreich. Für uns Organisatoren vom ausrichtenden Verein ARGUS Schwerin und unserem Verband war das diesjährige Sportfest eine neue Herausforderung, da wir in anderen „Räumlichkeiten“ organisierten. Erstmalig fand das Sportfest in den beiden Volleyballhallen in Lambrechtsgrund statt.
Aber dank der tollen Arbeit aller Organisatoren und Helfer von ARGUS Schwerin, der ecolea – Schule, des SV Dynamo Schwerin sowie der Trainer und Fachbereichsleiter unseres Verbandes verlief das Landessportfest wunschgemäß. Es gibt immer Dinge, die trotz sorgfältigster Vorbereitung nicht so klappen, wie man es sich vorgestellt hat.
Aber alle Beteiligten haben ihr Bestes gegeben, um den Aktiven gute Bedingungen für ihren Sport zu schaffen sowie unseren Gästen, darunter auch Sozialministerin Manuela Schwesig und Schwerins Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow, einen interessanten Aufenthalt zu gestalten.
Vergessen möchte ich auch nicht das wichtige Engagement langjähriger Partner und Förderer des Sportfestes, wie die Stadt Schwerin, die Stadtwerke Schwerin, das Autohaus Ahnefeld und das Sanitätshaus Kowsky, sowie Partner und Förderer unseres Verbandes, wie Hauptsponsor Scan Haus Marlow, Gesundheitspartner AOK Nordost, Coca Cola und die Sparkassen in M-V und Verbundpartner sowie der LSB. Sie alle ermöglichen es uns, unseren Sport vielfältig und erfolgreich zu organisieren.
Frage: Zurück zu den Paralympics in London … Was erhoffen Sie sich vom deutschen Team?
Dr. Monika Knauer: Ich denke schon, dass Deutschland mit seinen Athletinnen und Athleten gute Chancen hat, am Ende zu den erfolgreichsten Nationen zu gehören. Aber man darf nicht vergessen, dass international die Weltspitze zusammengerückt ist, da zahlreiche Länder in die Förderung des Behindertenleistungssports in den vergangenen Jahren stärker investiert haben.
Im Vorteil sind ohne Frage die Athleten, die professionell trainieren können. Die Konkurrenz wird eben auch im paralympischen Sport immer härter.
Dann weiterhin eine erfolgreiche Arbeit des VBRS MV!
Marko Michels