Schwerins Diskuswerfer Jürgen Schult siegte beim Weltcup in Barcelona
Während politisch, wirtschaftlich und kulturell der Niedergang des Ostblocks im Sommer 1989 deutlich zu spüren war, wurden in den Sport-Arenen weiterhin hochklassiger Spitzensport gezeigt und auch Athletinnen und Athleten aus Mecklenburg-Vorpommern konnten mit Spitzen-Platzierungen glänzen.
Vom 22. bis 30.Juli fanden die dritten World Games, die Weltspiele in den nichtolympischen Sportarten, in Karlsruhe statt und auch ein weiteres „Multisport-Event“ hatte im Westteil Deutschlands eine gute Heimstätte: Vom 22. bis 30.August wurden die Weltspiele im Studenten-Sport kurzfristig in Duisburg ausgetragen, zwar mit reduziertem Programm, aber mit viel Engagement und organisatorischem Erfolg. Am Ende stellten die Sowjetunion und die USA die meisten Siegerinnen und Sieger (je neun), gefolgt von Kuba, Italien sowie Rumänien (je 8).
Bei den Europameisterschaften und Weltmeisterschaften in den olympischen Kern-Sportarten starteten zum vorletzten Mal Mannschaften der DDR und der Bundesrepublik getrennt, nach 1990 gab es dann wieder vereinte deutsche Sport-Teams.
Beim Weltcup der Leichtathleten in Barcelona konnten die DDR-Damen die Sowjetunion und die Amerika-Auswahl auf die Plätze verweisen; bei den Herren siegte die USA vor der Europa-Auswahl, Großbritannien und der DDR (mit Jürgen Schult aus Schwerin, der das Diskuswerfen gewann).
Die Schwimm-Europameisterschaften in Bonn wurden von den Schwimmerinnen aus Deutschland-Ost dominiert, die in 14 der 16 Disziplinen siegten. Kristin Otto, die heutige ZDF-Moderatorin, war zweimal erfolgreich. Nur der Französin Catherine Plewinski (50 Meter-Freistil / 100 Meter-Butterfly) gelang es, diese Phalanx zu durchbrechen.
Bei den Herren war da die Szenerie schon etwas ausgeglichener: Hier verteilten sich die Triumphe auf sieben Länder, wobei der Italiener Giorgio Lambert wie der Ungar Tamas Darnyi dreimal Gold erschwamm.
In den Einzeldisziplinen holten der Rostocker Nils Rudolph holte über 50 Meter-Freistil Bronze sowie der gebürtige Güstrower Patrick Kühl über 400 Meter-Lagen Silber.
Auch bei den Amateur-WM im Bahnradsport in Lyon räumten die DDR-Starter noch einmal so richtig ab: Gold im Sprint durch Bill Huck, im 1000 Meter-Zeitfahren durch Jens Glücklich, im Bahnvierer, dazu noch dreimal Silber und einmal Bronze. Damit behauptete sich Deutschland-Ost im Medaillenspiegel knapp vor der Sowjetunion mit 3 x Gold, 2 x Silber und 2 x Bronze – das „Bruder-Duell“ im Sportsommer 1989 ganz unbrüderlich ….
Auf der Straße bei den WM in Chambery erkämpfte der DDR-Vierer mit Mario Kummer, Falk Boden, Maik Landsmann und Jan Schur Gold.
Dürftiger war schon die Bilanz bei den Ringer-WM im freien Stil in Martigny: Hier blieb nur dreimal Bronze für beide Deutschländer (DDR: 2 x / Bundesrepublik: 1 x).
Goldige Zeiten erlebten hier die Sowjets (4 x), die Koreaner (2 x), die Amerikaner (2 x) die Bulgaren (1 x) und die Iraner (1 x). In der Klasse bis 130 kg kam es dann zum brisanten Duell Ali Reza Soleimani (Iran) gegen den Olympiasieger von 1984 Bruce Baumgartner aus den USA, das der Iraner für sich entschied.
Im griechisch-römischen Stil waren die Deutschen aus Ost und West dreimal „oben auf“: Erste Plätze sicherten sich Claudia Passarelli , Maik Bullmann und Gerhard Himmel.
Die Sowjetunion stellte auch hier die meisten Weltmeister (5) und siegte mit dem Ausnahme-Athleten Alexander Karelin bei den Superschweren.
Bei den Welt-Titelkämpfen im Boxsport in Moskau stellte die Sowjetunion die stärkste Staffel (5 x Gold) vor den erfolgsverwöhnten Kubanern (4 x Gold), die mit einigen Punktrichterentscheidungen zugunsten des Gastgebers haderten. Die USA, Rumänien und die DDR – dank Henry Maske im Halbschwergewicht – teilten sich die restlichen drei Titel.
Andreas Zülow, Olympiasieger 1988, vom SC Traktor Schwerin wurde im Leichtgewicht
Vize-Weltmeister (Final-Niederlage gegen Jullio Gonzalez aus Kuba) eben so wie Klub-Kollege Torsten Schmitz im Halbmittelgewicht, der im Finale Israel Akopkochjan aus der UdSSR unterlag.
Die höchsten Gewichtsklassen gingen an Kuba – durch Felix Savon und Roberto Balado.
Bei den Ruder-Weltmeisterschaften im jugoslawischen Bled waren die DDR-Ruderinnen und – Ruderer sieben Mal auf Goldkurs, wobei es auch aus M-V-Sicht viel Grund zum Jubeln gab: Unter anderem gewann Jana Sorgers, 1967 in Neubrandenburg geboren, im Doppelzweier, die gebürtige Wismarerin Kathrin Haacker im Zweier ohne und Sybille Schmidt aus Schwerin sorgten für zusätzliche weltmeisterliche M-V-Ehren. Auch Deutschland-West war anno 1989 auf einer Erfolgswelle: Gold für den Deutschland-Achter und zweimal Rang eins bei den Leichtgewichtsklassen.
Einen Medaillen-Regen erlebten die ostdeutschen Kanu-Rennsportler, nicht zuletzt dank der hervorragenden Neubrandenburger und Rostocker Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei den WM im bulgarischen Plowdiw: 7 x Gold / 3 x Silber / 1 x Bronze. Dreifache Weltmeisterin im Kanu-Rennsport wurde in Bled die Neubrandenburgerin Katrin Borchert. Bei den Kanu-Junioren-WM`89 in Dartmouth/Kanada, hier finden auch die WM 2009 im Kanu-Rennsport Ende August statt, konnte auch ein Youngster, der zum Star wurde, triumphieren: Andreas Dittmer vom SC Neubrandenburg siegte mit Gunnar Kirchbach im Canadier-Zweier über 500 Meter und avancierte u.a. mit dreimal Olympia-Gold 1996, 2000 und 2004 zu einem der erfolgreichsten Canadier-Fahrer aller Zeiten.
Bei den Turn-WM im Wende-Herbst 1989 in Stuttgart konnten Deutschland-Ost und Deutschland-West gemeinsam jubeln: Gold für Jörg Behrendt aus der DDR im Pferdsprung und Gold für Andreas Aguilar (Bundesrepublik / umstritten gegen Andreas Wecker) an den Ringen.
Im Turnen durften sich die Deutschen über sieben Medaillen (davon sechs an die DDR) freuen.
Im Frauen-Turnen gingen fast alle Medaillen an Länder des „Ostblocks“. Nur das US-Girl Brandy Johnson, die inoffizielle „Miss Turn-WM 1989“, konnte als einzige „Nicht-Ostblockerin“ Bronze im Pferdsprung erkämpfen.
Ein starker Heber aus Stralsund sorgte hingegen bei den WM im Gewichtheben 1989 für große Momente: Andreas Behm wurde Vize-Weltmeister im Stoßen und Dritter im Zweikampf.
Bei dem Judo-WM in Belgrad verbuchten die DDR-Kämpfer immerhin je einmal Silber und Bronze. Japan wurde, wie gewohnt, aber dieses Mal nur äußerst knapp, beste Judo-Nation, wobei Naoya Ogawa in der Klasse bis 95 kg sowie in der Klasse ohne Gewichtslimit gewann.
Bei den Frauen gingen fast alle Titel an Europa (6) – China (1 x) und Kuba (1 x) teilten sich den Rest.
Bei den EM im Reitsport`89 war Großbritannien viermal und Deutschland zweimal siegreich. Nicole Uphoff auf Rembrandt war in der Dressur eine Klasse für sich. Im Team-Wettbewerb setzten sich die deutschen Damen gegen die UdSSR und die Schweiz durch.
Bei den Damen-Volleyball-EM gab es für die DDR-Auswahl (mit Schweriner Beteiligung, u.a. Ute Steppin) Silber. Den Handball-Supercup gewann die UdSSR gegen die DDR mit 34:21.
Im Tennis konnte dann ein deutsches Duo in Wimbledon siegen, das Tennis-Geschichte schrieb. Boris Becker war im Endspiel dem Schweden Stefan Edberg überlegen, Martina Navratilova (USA) hatte gegen Steffi Graf keine Chance.
Doch für den eigentlichen Höhepunkt des Jahres 1989 sorgte nicht der Sport: Sportliche und weniger sportliche Menschen wollten nicht mehr in einer Diktatur eingesperrt sein und überwanden Mauer und Stacheldraht – friedlich und ohne Blutvergießen. Der Freiheitswillen triumphierte damit über die Waffen eines Unrechtsstaates, was mehr wiegt, als alle Goldmedaillen zusammen.
M.Michels
1.Jürgen Schult siegte 1989 beim Weltcup in Barcelona im Diskuswerfen. Autogrammkarte / 2.Andreas Dittmer wurde 1989 Junioren-Weltmeister im Canadier-Zweier in Dartmouth und Astrid Kumbernuss Junioren-Europameisterin im Kugelstoßen sowie im Diskuswerfen in Varazdin. Beide gehören mittlerweile zu den erfolgreichsten Sportlerinnen und Sportlern in M-V aller Zeiten … Hier beim Olympia-Empfang des SCN 2008. mm / 3.Die Schwimm-EM 1989 fanden in Bonn statt. mm