Vor 65 Jahren endete der zweite Weltkrieg auf europäischem Boden

„Alle Welt verteufelte unser Land …“ – Gedanken zum Kriegsende

Nie wieder Krieg (Käthe Kollwitz)Vor 65 Jahren endeten die Kampfhandlungen des zweiten Weltkrieges auf europäischem Boden mit der Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands. Knapp vier Monate später, am 2.September 1945, unterzeichnete Kaiser Hirohito die Kapitulation des mit Nazi-Deutschlands verbündeten japanischen Kaiserreiches.

Der zweite Weltkrieg, der opferreichste, brutalste und grausamste Krieg der Menschheitsgeschichte, der rund 60 Millionen Tote forderte, war endgültig zu Ende.

GI`s und Rotarmisten lagen sich in den Armen, als der Sieg über das nationalsozialistische Deutschland und seine Verbündeten feststand.

Doch bereits wenige Monate nach dem Krieg wurden die unterschiedlichen politischen Vorstellungen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion deutlich. Der „Kalte Krieg“ ließ nicht lange auf sich warten …

Wie die Lage nach dem 2.Weltkrieg war, berichtete der Ludwigsluster Sozialdemokrat Karl Möller, Jahrgang 1930, der gegen ein Zusammengehen von SPD und KPD war, in einem Interview (1):

„Unsere ablehnende Haltung damals gegen die Vereinigung von KPD und SPD kann man vielleicht nicht Widerstand nennen. Es gleicht mehr dem Versuch, unseren Weg zu suchen und nicht aufzufallen bei der Besatzungsmacht, vor der wir Angst hatten. Alle Welt verteufelte unser Land, und leider hatte sie Recht, aber es gab Goethe und eine alte Kultur Deutschlands – und es gab die SPD und eine ehrwürdige politische Vergangenheit Deutschlands.

Beiden Traditionen wandten wir uns zu. – Es gab noch andere Gründe, Kurt Schumacher zum Beispiel oder Ernst Reuter, weshalb es für mich nur mit der SPD eine politische Zukunft geben konnte, mehr gefühls- als verstandesmäßig. Deshalb lehnten wir ein Aufgehen der SPD in einer Einheitspartei ab, was einem Verschwinden des Namens und seines guten Rufes gleich kam; schon gar nicht mit der KPD, die in unseren Augen als eine Erfüllungsgehilfin der Besatzungsmacht erschien …“

Doch wie war die damalige Ausgangslage in Mecklenburg, speziell in Schwerin oder in Wismar, nach Kriegsende 1945 ?!

Anfang Mai 1945 wurde Mecklenburg zu einem beträchtlichen Teil von anglo-amerikanischen Truppen besetzt. Diese Truppen waren bis zu einer Linie östlich entlang der Kreise Wismar, Ludwigslust und Schwerin vorgestoßen. Nach Einrücken der Amerikaner waren beispielsweise in Schwerin verantwortungsbewusste Persönlichkeiten wie der Oberbürgermeister Richard Crull auf ihren Posten geblieben und hatten dafür gesorgt, dass in den Nachkriegstagen der Verwaltungsapparat zum Wohle der Einwohner und Flüchtlinge einigermaßen intakt blieb.

Die zum Teil mit neuen Persönlichkeiten besetzten deutschen Verwaltungsstellen – unter ihnen die sozialdemokratischen Stadträte Albert Kruse und Willi Mausolf – versuchten mit Unterstützung der Militärregierung Ordnung in die Verwaltung und in die Wirtschaft zu bringen.

Zu den damaligen Ereignissen in Schwerin berichtete der damalige Oberbürgermeister, Richard Crull (2): … Die Stadt war voll von Flüchtlingen, die in langen Trecks aus dem Osten kamen, und anderen, die nach Westen wollten, aber dort nicht weiterkamen und umkehrten und in Schwerin blieben. Schwerin hatte damals 60000 Einwohner, dazu kamen 36000 Evakuierte aus dem Rheinland und Hamburg, die dort ausgebombt waren und hier zusätzlich untergebracht werden mußten.

In den letzten Wochen des Krieges strömten Tag und Nacht die Flüchtlingstrecks aus dem Osten in die Stadt – viele Straßen standen voll Wagen mit Gepäck, Pferde liefen frei in den Straßen herum, in den Rinnsteigen lagen Panzerfäuste und Uniformteile. …

Keiner hatte etwas zu essen und zu trinken … Dann kamen die langen Züge der ausgemergelten KZ-Insassen, die von Oranienburg bis Schwerin marschiert waren und hier blieben … Schlimm sah es auf dem `Großen Dreesch`, dem Exerzierplatz, aus … Es war schwer in diesem Chaos wieder Ordnung zu schaffen, aber der Militärgouverneur verlangte immer wieder: `Wir wollen in einem schönen, sauberen Schwerin wohnen !` …“

Nun, 65 Jahre nach Kriegsende, ist das wieder aufgebaute Deutschland, ist das äußerlich anmutige Schwerin wirklich tolerant, wirklich der Demokratie zugewandt – und wurden die richtigen Lehren aus den zweiten Weltkrieg gezogen.

Wie meinte Richard von Weizsäcker, der damalige Bundespräsident, in seiner legendären Rede zum Kriegsende 1985:

„ … Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Haß zu schüren. Die Bitte an die jungen Menschen lautet:   Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie miteinander zu leben, nicht gegeneinander.

Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben. Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht. Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.  Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge …“

Hass und Missgunst, Neid und Selbstgerechtigkeit, Überheblichkeit und Ignoranz, Oberflächlichkeit und Intoleranz prägen jedoch auch heute das Zusammenleben in Schwerin – in unterschiedlicher Graduierung zwar – aber um den Zustand der Demokratie ist es in Europa, in Deutschland, auch in Schwerin nicht zum Besten bestellt. So lange das Einkommen wie das Auskommen stimmt, wirkt die Demokratie attraktiv. Aber was ist – und erste größere Risse werden deutlich – wenn die Mehrheit nicht mehr eine hinreichende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erhält, nur noch der Kampf ums Überleben an erster Stelle steht ?

– Und andererseits eine Minderheit in ihrem elitären Wahn, ohne fundierte Grundlage, glaubt, sich über die Mehrheit stellen zu wollen, diese Mehrheit aus Eigennutz manipuliert, da entsprechende Machtmittel vorhanden sind?

Kurt Schumacher meinte bereits 1951: „ … Die Gefahr droht der Demokratie nicht von ihren Feinden von links oder rechts. Es droht Gefahr von denjenigen, die auf die Gunst der Stunde hoffen und auf die Macht spekulieren …“
Sind also die selbst ernannten Demokraten, gleich welcher Farbe, wirklich so demokratisch ?

Blicken wir auch am 8.Mai 2010 der Wahrheit ins Auge. Denn: Zwei blutige Diktaturen im 20.Jahrhundert reichen dem deutschen Volk !

Marko Michels

Anmerkung: 1 – Interview mit Karl Möller im Juni 1997 (Marko Michels). / 2 – Vgl. Joachim Schultz-Naumann „Mecklenburg 1945“, Berlin: Ullstein, 1991, Zeitzeugenbericht Richard Crull.

Bild: Käthe Kollwitz „Nie wieder Krieg !“

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