Der 3.Oktober 2008 – ein „besonderer Tag“ ?!

Beeindruckendes Sonderkonzert zum Feiertag im Staatstheater

Brunnen SNFast auf den Tag genau, vor 20 Jahren,  am 1.Oktober 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul (Korea) „schleuderte“ ein Athlet des SC Traktor Schwerin den Diskus auf die olympische Rekordweite von 68,82 Meter: Eine Goldmedaille für Jürgen Schult vor dem Litauer Romas Ubartas und dem Westdeutschen Rolf Danneberg. Irgendeine olympische Goldmedaille ?! Nein, die letzte olympische Goldmedaille für die DDR überhaupt, zwei Jahre später war dieser Staat von der politischen Bühne verschwunden.

Glücklicherweise nicht Jürgen Schult … Der integre und sympathische Sportsmann blieb auch nach 1990 erfolgreich, startete bei den Spielen 1992, 1996 und 2000 für das vereinigte Vaterland.

Heute am 18.Geburtstag der deutschen Vereinigung ging es hingegen in Schwerin eher nachdenklich zu. Ganz ungewöhnlich, gerade wenn „man“ volljährig wird.

KonzertEin beeindruckendes Sonderkonzert zum Tag der deutschen Einheit, mit einer leidenschaftlichen und souveränen Judith Kubitz am Dirigentinnen-Pult, im Konzert-Foyer des Mecklenburgischen Staatstheaters war der einzige Höhepunkt zum 3.Oktober am heutigen Tag in Schwerin, bevor Coco Schumann zu einem weiteren  Konzert in das Foyer der Stadtwerke Schwerin heute am Abend bittet.

Anwesend war natürlich die politische Stadt-Prominenz, der amtierende OB Wolfram Friedersdorff (Linkspartei)  und die designierte OB Angelika Gramkow (Linkspartei), Gert Rudolph (CDU), Manfred Strauß (Bündnis 90/Die Grünen), Gerd Böttger (Linkspartei), Gerlinde Haker (SPD), Dieter Niessen (SPD) oder bald Landes-Prominenz Manuela Schwesig (SPD).

Stadtpräsident Stephan Nolte (CDU) hielt zumindest eine interessante Ansprache zum Feiertag, in der er – zu Recht – darauf hinwies, dass die heutigen Probleme und Schwierigkeiten nicht die Folgen der deutschen Einheit, sondern die Folgen der deutschen Teilung sind.

Gemeint war hier die Politik der früheren Staatspartei Nr.1, der SED, die  und daran sollte man ebenfalls erinnern –  insbesondere seit 1961- in ihrem Handeln tatkräftig durch die „Blockfreunde“ Ost-CDU, LDPD, NDPD und Bauernpartei unterstützt wurde. Freilich erwähnen muß man in diesem Zusammenhang, dass dem seit 1946 ff. eine brutale und blutige Gleichschaltung der Ost-CDU und LDP vorausgegangen war, der sich z.B. der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Hans Krukenmeyer oder der Liberaldemokrat Eduard Friedrich Stratmann, u.a. 1945 Präsident der Landesverwaltung, entschieden widersetzten. Zwei Beispiele von vielen …

Wichtig war auch der Hinweis von Stephan Nolte, dass die Tatsache relativ hoher Arbeitslosigkeit längst kein spezifisch ostdeutsches Problem mehr sei. Auch in westdeutschen Städten sei dieses eine Herausforderung für die politischen und wirtschaftlichen Akteure, und es gebe inzwischen Städte im Westteil Deutschlands, z.B. in Gelsenkirchen, in denen es mehr Arbeitslose als in Schwerin gäbe.

„Bilder der Landeshauptstadt von gestern und heute“ wurden – neben der Ansprache Noltes – ebenfalls  vor dem Konzert im Staatstheater in einem Film des Schweizers Stephane Maeder gezeigt.

Schlimm der Zustand der historischen Bausubstanz in Schwerin bis 1989. Ohne die „politische Wende“ wäre kostbares Kulturgut für immer verloren gewesen, vielleicht wäre heute ganz Schwerin eine schrecklich schöne „Beton-Wüste“ mit „Arbeiterschließfächern“ a la Großer Dreesch.

Trotz aller baulicher Unzulänglichkeiten in Schwerin, die immer noch bestehen, Schelfstadt und Marktbereich sind schon echte Schmuckstücke geworden.
… Vor wenigen Tagen wurde auch ein weiterer, eher trauriger Jahrestag begangen. Vor fünf Jahren starb mit Helmut Bärwald der letzte Leiter des SPD-Ostbüros, der sozialdemokratischen Widerstandsbewegung gegen das SED-Regime.
Auch in Schwerin gab es dabei Aktivisten des Ostbüros nach 1946, so Bürgermeister Albert Kruse, Gewerkschafter Hans Pollok oder Helmut Hiller.

Schade nur, dass sich die SPD nicht deutlicher gerade zu ihrem demokratischen Antikommunismus bekennt.

Wie meinte 1949 in einer der ersten Sitzungen des Bundestages Erich Ollenhauer, Stellvertreter Kurt Schumacher im Parteivorstand und in der Führung der Bundestagesfraktion der SPD: „Es gibt für die Sozialdemokraten eine unlösbare Gemeinschaft des Kampfes, das ist die Gemeinschaft mit den unterdrückten, inhaftierten und illegalen Freiheitskämpfern in der Ostzone.“.

Undenkbar, dass sich damals Sozialdemokraten durch Links- oder Rechtspopulisten in die Defensive drängen ließen.
Und Helmut Bärwald ergänzte zum Charakter des SPD-Ostbüros 2003: „Entgegen allen böswilligen, auch vorsätzlich verleumderischen, oft abstrusen Behauptungen, hat sich die politisch offensive Arbeit des `Ostbüros` in keiner Zeit seiner Existenz von 1946 bis Januar 1971 gegen die Menschen in der SBZ/DDR , sondern stets gegen die politische Theorie, gegen die Ideologie und gegen die davon hergeleitete und darauf begründete Durchsetzung eines totalitären repressiven Systems und gegen die diktatorisch herrschende Führungsclique und deren Komplizen und Mittätern gerichtet.
Die Position und die Funktion des `Ostbüros` waren nicht von einer deklamatorischen, sterilen und letztlich bornierten `Anti`-Haltung bestimmt. Sie gründeten sich vielmehr auf einer Maxime, die Kurt Schumacher in einer Rede vor dem Internationalen Sozialistenkongreß in Frankfurt am Main am 30. Juni 1951 so formulierte:

`Die westliche Welt kann den Kommunismus nicht mit antibolschewistischen Deklamationen überwinden. Ihre Leistung muß in der Vergleichbarkeit der sozialen Verhältnisse in einer Welt der Freiheit gegenüber den unsozialen Zuständen in einer Welt der Diktatur bestehen.`“.

Sehr positiv, insbesondere bei der Meisterung künftiger politischer Auseinandersetzungen, wäre es, wenn die SPD die Tradition ihres antikommunistischen Kampfes deutlicher herausstellen könnte. Ohne den aufopferungsvollen Einsatz  der Widerstandskämpfer gegen die SED-Diktatur, gegen die erzwungene Vereinigung von KPD und SPD wäre die Einheit heute nicht Realität.

Wie meinte schon Willy Brandt: „Antifaschismus und Antikommunismus schließen einander ein nicht aus …“.
Heute gibt es die Aktionen und Aktivitäten der „Endstation Rechts“ – wichtig und richtig. Doch müsste diese eine komplementäre Ergänzung erfahren –  „Sackgasse Links“, „Holzweg Links“ oder gleich „Endstation Links“. Beide „politischen Augen“ offenzuhalten, ist notwendig !

Der Tag der Einheit in Schwerin 2008 ein ziemlich besinnlicher und ruhiger. Allerdings ein wenig zu ruhig …

Wenigstens gibt es die Einheitsparties in den diversen Lokalitäten, Diskotheken und Clubs zwischen Wismar und Schwerin, denn jugendliche Ausgelassenheit und Freude gehören auch zu einem solchen Feiertag dazu !

Center SchwerinUnd, wer meint, er/sie habe nicht genug vom (Einheits-)Kuchen abbekommen: Das Schloßparkcenter Schwerin veranstaltet zum zehnjährigen Jubiläum ein spannendes Tortengewinnspiel während der Center-Festtage vom 1. bis 12.Oktober.

Marko Michels

F.: M.M. (2), Theater (1)


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