Unternehmen wollen Flüchtlingen berufliche Perspektive bieten

Wichtigstes Anliegen: die Vermittlung von Deutschkenntnissen ab dem ersten Tag

Immer mehr Menschen fliehen aus den Krisengebieten nach Europa, nach Deutschland und nach Mecklenburg-Vorpommern. Um diesen Menschen vor Ort eine Perspektive zu bieten und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wollen Unternehmen aus MV den Flüchtlingen zunächst insbesondere Praktikumsplätze als Einstieg in eine Ausbildung oder Arbeitsverhältnis als Helfer bzw. Fachkraft anbieten. Wichtig ist hierbei neben einer schnelleren Bearbeitung der Asylanträge die Vermittlung von Deutschkenntnissen ab dem ersten Tag.

Hans Thon (Foto: IHK)Hans Thon, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, berichtete in seiner Begrüßung von den Ergebnissen einer Umfrage, welche die drei Industrie- und Handelskammern im Vormonat gemeinsam durchgeführt haben. Demnach beschäftigen bereits 18 Prozent der Unternehmen in MV ausländische Fachkräfte, bei weiteren 18 Prozent ist dies geplant. Wichtigstes Anliegen der befragten Unternehmen ist die konsequente Förderung der deutschen Sprache.

 

Schulnote 3 für Willkommenskultur in MV

Die Willkommenskultur in Mecklenburg-Vorpommern wird von den Unternehmen mit der Schulnote befriedigend (3) bewertet. Sowohl die Industrie- und Handelskammern als auch die Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern akquirieren derzeit vermehrt Praktikumsplätze, um den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Nikolaus Voss, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales in MV, begrüßte die große Bereitschaft der Unternehmen und Handwerksbetriebe im Land, die geflüchteten Menschen eine neue berufliche Perspektive eröffnen wollen. „Ein Großteil derjenigen, der jetzt nach Mecklenburg-Vorpommern kommt, ist jung und hoch motiviert. Ihnen gilt es schnellstmöglich eine dauerhafte Bleibeperspektive zu bieten“, sagte Voss. Aber auch diejenigen, die nicht so schnell zu integrieren seien, dürften nicht im Abseits stehen. Auch für diesen Personenkreis müssten Lebensperspektiven geschaffen werden. Erfreulich sei, so Voss, dass nach den neuesten Gesetzesänderungen die Bundesagentur für Arbeit ab dem 1. November 2015 bereits für Asylbewerber Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung bei Arbeitgebern, Trägern und privaten Arbeitsvermittlern durchführen könne. Dies trage zu einer deutlichen Beschleunigung der beruflichen Integration bei.

Mit Arbeit zur gesellschaftlichen Integration

Margit Haupt-Koopmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit, betonte: „Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass Arbeit der beste Weg zur gesellschaftlichen Integration darstellt. Deshalb ist es so wichtig, den Flüchtlingen so schnell wie möglich Wege in den Arbeitsmarkt zu eröffnen. Allerdings finden wir aktuell unter den Flüchtlingen nur in Einzelfällen die Fachkräfte von heute oder morgen. Doch durch gezielte Investitionen in Sprache, Ausbildung und Qualifizierung – rund die Hälfte der Flüchtlinge ist unter 25 Jahre alt – können sie zu den dringend benötigten Fachkräften von übermorgen werden. Um dieses Potential zu heben, sind wir auf den engen Schulter­schluss aller Arbeitsmarktpartner angewiesen. Dazu gehört insbesondere die Bereitschaft der Betriebe, Praktikums-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.“

Dirk Heyden (Foto: Agentur für Arbeit Schwerin)Dirk Heyden, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schwerin, unterstrich in seinem Impulsvortrag die Notwendigkeit der strukturierten Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure. „Erste Ergebnisse der Qualifikationsfeststellung unserer Arbeitsvermittler in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern-Buchholz lassen darauf schließen, dass ein Großteil der Flüchtlinge gute schulische Voraussetzungen mitbringt. Für eine nachhaltige gesellschaftliche Eingliederung gilt es, über frühzeitige Sprach- und Integrationskurse hinaus auch nahtlos daran anschließende Angebote, wie beispielsweise Praktika unterbreiten zu können.“ Heyden bat die anwesenden Arbeitgeber in diesem Zusammenhang auch um ihren persönlichen Beitrag, diese Bemühungen aktiv zu begleiten.

Keine Aufweichung von sozialen Standards!

In der Diskussion unterstrich Ingo Schlüter, stellvertretender Vorsitzender des DGB Nord, das Engagement des DGB für Weltoffenheit, Vielfalt und gegen Rechtsextremismus. Die aktuelle Flüchtlingsdiskussion dürfe jedoch nicht zur Aufweichung von sozialen Standards, insbesondere nicht des gesetzlichen Mindestlohns, führen.
Lothar Wilken, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern, prognostizierte eine auch in den nächsten Jahren steigende Zahl von Zuzügen aus dem Ausland nach Mecklenburg-Vorpommern und sprach sich dafür aus, sich schon jetzt auf den Familiennachzug vorzubereiten und eine umfassende Integrationsstrategie zu entwickeln. Hierzu gehöre auch ein Zuwanderungsgesetz, das die legale Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt steuert.

Edgar Hummelsheim, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Schwerin sagt, „Im Handwerk zählt nicht, wo man herkommt, sondern wo man hin will. Ausbildungsreife, ausreichende Sprachkenntnisse und Leistungsbereitschaft vorausgesetzt steht einer Ausbildung von Flüchtlingen im Handwerk nichts im Wege.“ Darüber hinaus stünde das Bildungszentrum der Handwerkskammer für notwendige Anpassungsqualifizierungen zur Verfügung.

Unternehmerforum ist Auftakt einer Veranstaltungsreihe

Das Unternehmerforum „Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern“ am 26. Oktober 2015 in der IHK zu Schwerin bildete den Auftakt einer Veranstaltungsreihe, die auf eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern MV, der Bundesagentur für Arbeit, dem DGB Nord, den IHKs in Mecklenburg-Vorpommern, dem Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales MV sowie der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern basiert. An der Veranstaltung nahmen rund 250 Unternehmen teil.

 

Quelle: IHK

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